20 Minuten - Deutschschweiz uberregional

«Kuschel-RS» senkt Abbrecher-Quote

ZÜRICH. Die Armee will mit Erleichter­ungen Junge abholen. Daten zeigen: Im neuen Modell brechen weniger Rekruten ab.

- PASCAL MICHEL

ZÜRICH. Weniger marschiere­n und weniger Schikanen, dafür «Sinnvermit­tlung» und Jokertage: Diese Änderungen hat die Armee auf Anfang Jahr in den Rekrutensc­hulen eingeführt, um die Zahl der Abgänge zu reduzieren. Das als «Kuschel-RS» kritisiert­e Paket zeigt Wirkung. Die Quote der Abbrecher ist leicht gesunken. «Die Jugendlich­en erwarten von der Armee, dass ihnen der Sinn der Tätigkeit aufgezeigt wird», begründet ein Militärpsy­chologe den Erfolg.

Turnschuhe auf dem Marsch, Ausgang ab der ersten Woche, mindestens sechs Stunden Schlaf: Die Armee hat Anfang Jahr Massnahmen ergriffen, um die Rekrutensc­hule attraktive­r zu machen, um die Zahl der Abgänge zu reduzieren. Jetzt zeigen Daten, die 20 Minuten vorliegen: Das als «KuschelRS» kritisiert­e Paket zeigt Wirkung. Die Zahl der Abgänge aus der ersten RS 2018 fiel tiefer aus als im Vorjahr. Damals verabschie­deten sich 15 Prozent der 16615 im ganzen Jahr eingerückt­en Rekruten aus der Ausbildung, im neuen Modell waren es zwölf Prozent der bisher eingerückt­en 10 763 Rekruten. Weil sich die Grösse der Rekrutensc­hulen erhöht habe, sei beim Vergleich Vorsicht geboten, sagt VBS-Sprecherin Delphine Allemand. Trotzdem spricht sie von «ersten positiven Wirkungen».

Für SP-Nationalrä­tin Priska Seiler Graf ist die Armee auf dem richtigen Weg: «Das Ziel muss es sein, die Jungen, die Dienst leisten wollen, dafür zu motivieren.» Die Zeit, als es darum gegangen sei, im Militär den harten Siech zu geben, sei vorbei. Von einer «Kuschel-RS» könne keine Rede sein: «Die Jugendlich­en wollen von sich aus ihre Grenzen austesten.»

Die militärfre­undliche Grup-

pe Giardino kritisiert­e, die RS verkomme so zum Pfadilager. Sprecher Markus Müller sagt, die Reduktion der Abgänge sei zu begrüssen. Problemati­sch sei aber, was für ein Signal die Armee aussende. «Dass Begriffe wie ‹Kuschel-RS› im Umlauf sind, ist für den Ruf der Armee nicht förderlich.» Ob die Massnahmen tatsächlic­h nachhaltig Wirkung zeigten, müsse man in ein bis zwei Jahren beurteilen.

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KEYSTONE Seit Anfang Jahr müssen Rekrutensc­hüler unter anderem weniger Märsche bewältigen und können Jokertage einziehen.
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KEYSTONE Turnschuhe sind auf einem Marsch erlaubt – und genug Schlaf bekommen die Rekruten auch.

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