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«Zäsur statt Ritual» – der grosse Frust der Fussballfans
ZÜRICH. Dass das SRF nicht mehr alle ChampionsLeague-Spiele überträgt, nervt viele gewaltig. Eine Sportpsychologin erklärt, weshalb.
Wer in dieser Saison alle Champions-League-Spiele live im TV mitverfolgen will, benötigt neu ein Abo bei Teleclub (siehe Box).
Frau Baldasarre, was bedeutet die neue Situation für den Schweizer Champions-LeagueFan?
Für viele gehörten die Übertragungen jahrelang einfach zum Alltag. Sie wurden zu einem Ritual, das mit Kollegen zelebriert wurde. Der soziale Aspekt war dabei sehr wichtig. Dass viele Spiele jetzt nicht mehr live im Free-TV gezeigt werden, wirkt wie eine Zäsur. Die Leute haben das Gefühl, dass ihnen etwas weggenommen wird – etwas, das jahrelang selbstverständlich war. Viele werden dann auch emotional und ärgern sich darüber. Das ist, wie wenn Sie einem Kind sagen, es dürfe auf einmal keine Schoggi mehr essen.
Man wusste aber schon lange, dass die Spiele dienstags nicht mehr gezeigt werden.
Es zu wissen, ist ein kognitiver, es zu erleben, ein emotionaler Vorgang. Diese müssen nicht parallel verlaufen. Bei- spielsweise weiss man objektiv, dass eine Impfung mit der Spritze nicht wehtut. Wenn ich die Impfung dann aber erhalte, tut sie mir trotzdem weh. Das Gleiche wird mit der nächsten FussballWM im Dezember 2022 in Katar passieren.
Auch dieser Entscheid ist schon lange bekannt.
Wir wissen zwar, dass sie im Winter stattfindet, aber die tatsächlichen Konsequenzen, wie zum Beispiel, dass wir nicht zum Fussballschauen grillieren können, werden uns wohl erst während der WM bewusst.
Wieso ärgert man sich trotzdem darüber?
Es macht nur wenig Spass, für einen Service, der früher inbegriffen war, plötzlich zu zahlen. Gleichzeitig möchte ein Hardcore-Fan wohl trotzdem kein Livespiel verpassen. Für ihn heisst es also, dass er in den sauren Apfel beisst und ein Abonnement löst.
Cristina Baldasarre ist Fachpsychologin für Sportpsychologie.