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Gibt man Gas, explodiert das Monster
Als ob der 740 PS leistende Aventador S nicht schon verrückt genug wäre, toppt Lamborghini den Wahnsinn auch noch mit dem 770 PS starken Aventador SVJ.
Beschleunigung trifft es nicht ganz. Was beim Tritt aufs Gaspedal passiert, erinnert eher an eine Explosion, während das automatisierte Getriebe brutale Schläge austeilt. Alles, was im Innenraum nicht nietund nagelfest ist – das Handy, die Sonnenbrille, gefühlt auch der Magen – knallt in der Folge von links nach rechts, von vorne nach hinten. Dazu kommt der bestialische Lärm des 770 PS starken V12-Saugers im Nacken, gegen den der Verstand ganz schön anbrüllen muss. Bremsen! Jetzt! Theoretisch würden 351 km/h drinliegen, doch bei fast 280 km/h sollte auf der Geraden von Estoril dann mal Schluss sein. Weil gleich eine Rechtskurve folgt. Weil der Wagen fast eine halbe Million Franken kostet. Weil nur 900 Stück gebaut werden. Ach, und weil – bremsen! Jetzt!
Dass wir uns nicht falsch verstehen: Der Lamborghini Aventador SVJ (SV für Superveloce, J für Jota wobei der Buchstabe beim Motorsportverband FIA für Rennwagen mit Strassenzulassung steht) ist entgegen seiner Optik kein gemeingefährliches Monster. Der Allradantrieb sorgt für zuverlässige Traktion. Die mitlenkenden Hinterräder relativieren die 2,7 Meter Radstand. Der üppige Karbon-Einsatz senkt das Trockengewicht immerhin auf 1525 Kilo. Vor allem ist eine aktive Aerodynamik an Bord, die den Abtrieb über das Öffnen und Schliessen von Kanälen bedarfsgerecht regelt.
So freundet man sich mit dem Monster rasch an. Erreicht Kurventempi, die man kaum für möglich gehalten hätte. Wagt sich näher an den Grenzbereich heran. Und doch lässt dieser Supersportler keine Zweifel offen, dass er nicht bloss der Schnellste sein will (6:44,97 Minuten auf der Nürburgring-Nordschleife!), sondern gleichzeitig der Irrste, Exaltierteste, Emotionalste.
Der SVJ treibt das Drama der ohnehin schon hysterischen Aventador-Reihe auf die Spitze. Und wahrscheinlich markiert er auch das fulminante Ende einer Ära, denn fast 20 Liter Normverbrauch sind ja gewissermassen auch ein Drama. Eines, das sich künftig nicht mal Lamborghini leisten können wird.