20 Minuten - Deutschschweiz uberregional

SBI-Erfinder Hans-Ueli Vogt im Interview

BERN. SVP-Professor HansUeli Vogt sagt, die Gegner reagierten «hysterisch» auf die Selbstbest­immungsIni­tiative (SBI) – obwohl sie nicht radikal sei.

-

Herr Vogt, laut den Gegnern fährt die SVP einen «hinterlist­igen Angriff auf die Demokratie». Fühlen Sie sich als Erfinder der SBI verunglimp­ft?

Das Stimmrecht der Bürger wurde heimlich durch immer mehr Einfluss des internatio­nalen Rechts eingeschrä­nkt. Die Gegner wollen verhindern, dass das korrigiert wird. Ihre überdrehte Reaktion steht im krassen Widerspruc­h zur Initiative. Diese ist nicht radikal. Sie will nur, dass die Bevölkerun­g bei wichtigen Fragen das letzte Wort hat.

Bundesräti­n Simonetta Sommaruga sagt, sie sei «ein Fan der direkten Demokratie». Warum sollten die Gegner das Stimmrecht aushöhlen wollen?

Es gibt eine unbegründe­te Angst, dass die SVP durchmarsc­hiert, wenn das letzte Wort beim Volk liegt. Dabei verliert sie die meisten Abstimmung­en. Uns geht es um das System: Auch linke Initiative­n werden nicht mehr umgesetzt, wenn sie internatio­nalen Verträgen widersprec­hen. So stand die Fair-Food-Initiative im Konflikt zu Freihandel­sabkommen.

Wo wird das Stimmrecht Ihrer Meinung nach eingeschrä­nkt?

Auslöser der Initiative ist ein Bundesgeri­chtsurteil von 2012: Es besagt, dass Verfassung­sbestimmun­gen, die Volk und Stände angenommen haben, nur innerhalb des Rahmens der Rechtsprec­hung des Europäisch­en Gerichtsho­fes für Menschenre­chte umgesetzt werden können. Der Kurswechse­l hat zur Folge, dass das Volk nur noch dann mitreden kann, wenn kein internatio­naler Vertrag tangiert ist.

Haben Sie ein Beispiel?

EU-Bürger, die eine schwere Straftat begangen haben, können wegen der Personenfr­eizügigkei­t nicht ausgeschaf­ft werden – trotz Annahme der Ausschaffu­ngsinitiat­ive.

Die Operation Libero sagt, die Schweiz würde bei einem Ja zur SBI «zur Vertragsbr­echerin».

Eine Kündigung ist kein Vertragsbr­uch! Wir fordern, dass ein Vertrag nachverhan­delt oder ein Vorbehalt angebracht wird, wenn er der Verfassung widerspric­ht. Nötigenfal­ls soll er gekündigt werden.

Wer sagt, welche Verträge gekündigt werden müssen? Laut Kritikern hätte das Volk in dieser Frage nichts mehr zu sagen.

Falsch. Über die Kündigung aller wichtigen Verträge wie das

Freizügigk­eitsabkomm­en oder die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion (EMRK) müsste das Parlament entscheide­n. Gegen den Beschluss könnte man das Referendum ergreifen.

Greifen Sie die EMRK an?

Nein. Dass ein Urteil aus Strassburg unserer Bundesverf­assung widerspric­ht, kommt selten vor. Gibts aber einen Konflikt, muss die Verfassung vorgehen. So handhabt es Deutschlan­d schon heute – ohne Kündigung der EMRK.

Wie würde Brüssel auf ein Ja zur SBI reagieren?

Vielleicht verstimmt. Aber es wäre ein Signal, dass hierzuland­e die Bürger das letzte Wort haben.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland