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Sitzungen beginnen jetzt mit 30 Minuten Stillschwe­igen

ZÜRICH. Eine Methode von Amazon-Chef Jeff Bezos zieht in Sitzungszi­mmer weltweit ein: Meetings beginnen neuerdings mit langem Schweigen.

- RAPHAEL KNECHT

Endlose Besprechun­gen mit viel Geschwafel und wenigen Ergebnisse­n – Sitzungen haben in vielen Firmen einen schlechten Ruf. Darum setzen manche Unternehme­n auf neue Varianten – etwa Meetings, bei denen erstmal überhaupt nicht gesprochen wird. In der Chefetage von Amazon beginnen Sitzungen oft mit einer Stille-Phase von bis zu 30 Minuten. Der sogenannte Silent Start dient dazu, dass die Teilnehmer das Sitzungsme­mo lesen und sich zum Beispiel mit Notizen auf die Diskussion vorbereite­n.

Martin Eppler, Kommunikat­ionsprofes­sor an der Universitä­t St.Gallen, sieht Vorteile: «Silent Start lohnt sich, wenn Meeting-Teilnehmer chronisch schlecht vorbereite­t sind.» Aber auch wer das Memo bereits zum Voraus gelesen habe, profitiere extrem davon, sich noch einmal einzuarbei­ten. Eppler hat selbst dabei geholfen, diese Art von Sitzung bei Organisati­onen wie der Europäisch­en Zentralban­k oder bei der Schweizer Bank Pictet einzuführe­n. Die Erfahrunge­n sind laut dem Experten positiv, wobei es aber nicht immer wie bei Amazon eines langen Memos bedarf; es kommen auch andere, teils kürzere Unterlagen zum Einsatz.

Manche Firmen gehen bei stillen Sitzungen noch weiter: Sie finden schriftlic­h per Messenger statt. Das verhindert Dreinreden, kann helfen, sich aufs Wesentlich­e zu beschränke­n, und es entsteht ein Protokoll. Solche Meetings seien aber relativ selten, sagt Eppler.

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IMAGO Sitzungen mit Amazons Jeff Bezos beginnen mit Stille-Phase.

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