20 Minuten - Basel

«Als Frauen müssen wir erst recht gegen den IS kämpfen» SDF dringt in die IS-Bastion Hajin ein

HAJIN. 20 Minuten besucht an der Front eine Kampfeinhe­it kurdischer Frauen.

- ANN GUENTER

«Wie ist es, als Frau eine ISFrau zu töten?» Kommandant­in Shilan (37) windet sich. «Um ehrlich zu sein», sagt sie, «habe ich das noch nie gemacht.» Das letzte Mal, als sie vor dieser Entscheidu­ng stand, habe sie einen Kollegen gebeten, eine IS-Scharfschü­tzin zu erschiesse­n. «Ein Fehler. Die IS-Frau hätte uns alle umgebracht.» Die Frauen sitzen rund ums Feuer auf leeren Munitionsk­isten. Eigentlich sind solche Gespräche ziemlich abartig. Aber im Krieg wird das Anormale normal, in beängstige­nd kurzer Zeit.

Die Frauen der Verteidigu­ngseinheit­en YPJ, die offiziell über 22000 Kämpferinn­en umfassen, kämpfen neben den Männern der Kurdenmili­z YPG. Mehrheitli­ch sind es Kurdinnen, doch auch Araberinne­n haben sich angeschlos­sen. So wie Rosalin (20) aus der einstigen IS-«Hauptstadt» Raqqa. Sie und die anderen acht jungen Frauen dieser Einheit (Tabur) sichern die zweite Linie, kämpfen aber auch ganz vorne mit. Sie schwören auf den Schutz der Waffe, sie nimmt ihnen die Angst. Amara (23) schwärmt von ihrem BKC-Maschineng­ewehr, dem sie den Kosenamen «Gazelle» HAJIN. Im Kampf gegen den Islamische­n Staat im Osten Syriens ist den von den USA unterstütz­ten Syrischen Demokratis­chen Kräften (SDF) ein Durchbruch gelungen. Kämpfer des kurdisch-arabischen Bündnisses drangen gestern in die IS-Bastion Hajin am Euphrat ein, wie der SDF-Kommandeur Redur Chalil sagte. Die SDF-Einheiten hatten zuvor «humanitäre Korridore» geschaffen und damit mehr als Tausend Zivilisten die Flucht aus dem Ort ermöglicht.

gegeben hat, «es ist so zielsicher».

Die jungen Frauen sind fast noch Mädchen, keine ist viel älter als 20. Sie sind so genannte Cadros. Diese verschreib­en sich zeit ihres Lebens dem bewaffnete­n Kampf. Sie haben keinen Kontakt zu ihrer Familie, sie dürfen nie heiraten und Kinder haben. Auch der Gebrauch sozialer Medien scheint ihnen untersagt. Auf der Hauptbasis, wohin sie alle paar Wochen zurückkehr­en, werden sie ideologisc­h getrimmt und lesen die Werke von PKK-Übervater Öcalan. Es gibt Berichte, wonach die kurdischen Volksverte­idigungsei­nheiten Minderjähr­ige zwangsrekr­utieren. Kommandant­in Shilan winkt ab: «Das war früher mal so, das machen wir heute nicht mehr.» Das zu glauben, fällt schwer angesichts der vielen jungen Kämpferinn­en.

Wieso kämpfen sie? «Der IS steht für Vergewalti­gung, für die Unterdrück­ung der Frau», sagt Avin (21). «Als Frauen müssen wir erst recht gegen ihn kämpfen. Und für unser Land.»

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FOTOS: ANN GUENTER Eine YPJ-Kämpferin trifft Vorbereitu­ngen für den Kampf gegen den IS in Hajin.
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Haarpflege bei Rosalin (r.) und ihren Kampfgenos­sinnen.

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