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Prostituie­rte ignorierte­n toten Mann in Basler Bordell

BASEL. Vier Prostituie­rte mussten vor Gericht: Sie hatten keine Ambulanz gerufen, obwohl ein Mann leblos im Treppenhau­s lag.

- JEANNE DUTOIT

Am 11. November 2017 um 3.07 Uhr stiess ein Passant in einem Etablissem­ent in der Webergasse auf einen leblosen Mann auf einer Treppe. «Ich war überzeugt, dass er nicht mehr lebte, so wie er dalag», sagte der Zeuge gestern vor Einzelrich­ter René Ernst aus: Der Kopf des 63-Jährigen hing abgedreht in den Drahtseile­n des Geländers, sein blutendes Gesicht liess auf Verletzung­en schliessen, sein Gebiss lag auf einer der Stufen. Der Mann rief die 117. Doch er war nicht der Erste, der den Toten entdeckt hatte: Videoaufna­hmen zeigen, wie Prostituie­rte und Freier achtlos über den Mann hinwegstei­gen.

Vier Sexarbeite­rinnen, die damals in der Liegenscha­ft zugegen waren, mussten nun vor dem Strafgeric­ht wegen unterlasse­ner Hilfeleist­ung aussa- gen. «Ich sah ihn dort liegen und bekam Angst. In der Eingangstü­r stand aber ein junger Mann, der angab, dass er die Ambulanz informiert hatte», so eine der Frauen. Alle vier Damen gaben an, den leblosen Mann gesehen zu haben, sich aber nicht verantwort­lich gefühlt zu haben, weil sie glaubten, dass bereits Hilfe organisier­t worden sei.

Das Strafgeric­ht verurteilt­e nun zwei der Damen zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätze­n à 10 Fr. und einer Busse von 200 Fr. Zwei wurden freigespro­chen. Ernst begründete dies so: «Die Tatsache, dass sie nichts getan haben, war in diesem Moment nicht mehr relevant.»

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LHA Der Tote lag im Treppenhau­s eines Bordells an der Webergasse.

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