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«Die Mutter wollte ihre Tochter suchen»
CHAMOSON. Eine Schlammlawine erfasste in Chamoson ein Mädchen und einen Mann. Ein Anwohner erlebte das Drama mit.
Die Bilder gehen Benoît D. nicht aus dem Kopf. Am Sonntagabend donnerte eine Schlammlawine durch Chamoson und riss ein Auto mit, in dem sich ein Mann (37) und ein Mädchen (6) befanden. D. war am Abend im Dorf unterwegs. «Ich hörte Lärm. Ich lief zum Bach – und sah die Schlammlawine.» Eine Art Welle sei über die Ufer getreten. «Als sie abflaute, sah ich, wie sich daraus ein Mensch erhob.» Es war die Mutter des vermissten Mädchens, von oben bis unten mit Schlamm bedeckt. «Ich half ihr auf. Sie wollte zurück in den Schlamm, um ihre Tochter zu suchen. Das war ein schrecklicher Anblick.» Die Frau habe geschrien und geweint. Schnell seien Nachbarn dazugestossen. Eine Anwohnerin und er seien bei der Frau geblieben. «Sie sagte immer wieder: ‹Das ist nicht möglich. Wo ist meine Tochter?›»
Die beiden Vermissten wurden bis gestern nicht gefunden. Die Such- und Räumungsarbeiten dauern an. Vier Bagger wurden aufgefahren. «Patrouillen überwachen das Bachbett und verhindern, dass Leute Risiken eingehen, weil sie zuschauen wollen», sagt Einsatzleiter Didier Maillard. In den Bergen wurden Überwachungsposten installiert, damit die Arbeiter bei einem erneuten Murgang rechtzeitig evakuiert werden könnten. «Dafür bleiben fünf bis acht Minuten», so Maillard.
Die Hoffnung, die Vermissten im Bach Losentse noch zu finden, schwindet. «Das Gebiet, das abgesucht werden muss, ist riesig», sagt Maillard. «Das Auto könnte bis zu drei Meter unter dem Schlamm begraben sein.»
Wie die Kantonspolizei Wallis gestern Abend mitteilte, wurde am Sonntag noch ein drittes Auto von der Schlammlawine mitgerissen.