20 Minuten - Deutschschweiz uberregional
Können Senioren den Lockdown verhindern?
BERN. Rund 80 Prozent der Covid-Patienten in den Spitälern sind älter als 60 Jahre. Nun sei Solidarität von den Älteren gefordert, sagen Politiker.
BERN. Die Spitäler sind am Limit, es droht ein neuer Lockdown. 80 Prozent der Spitaleintritte wegen Covid-19 entfallen auf Senioren. Der Tessiner Regierungspräsident Norman Gobbi will deshalb eine schweizweite Kampagne, um Senioren zur Vorsicht zu bewegen. Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen, fordert: «Ältere Menschen sollten zu Hause bleiben.»
Weiterhin füllen vor allem ältere Covid-Patienten die Spitäler. So wurden laut dem BAG seit dem 1. Juni 9720 über 60-Jährige in Schweizer Kliniken eingeliefert. Etwa 80 Prozent der Spitaleintritte wegen einer Corona-Infektion entfallen damit auf die Senioren. Auch das Risiko, in Folge einer Covid-19-Infektion zu sterben, steigt mit dem Alter massiv an.
Dass nun erneut ein Lockdown droht, obwohl das Virus vor allem für Ältere tödlich ist, kann Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz, nur schwer nachvollziehen. Für ihn sollten die Massnahmen dort ansetzen, wo das grösste Risiko ist: «Ältere Menschen sollten, wenn immer möglich, zu Hause bleiben. Richtig wäre, wenn der Staat einen klaren Appell dazu an über 65- oder zumindest über 75-Jährige richten würde.» Die Senioren sollten auf alle sozialen Kontakte und Aktivitäten verzichten, die nicht unbedingt nötig seien. Müller schlägt vor, dass sie die Einkäufe Anlaufstellen oder jüngeren Menschen überlassen.
Im Tessin durften Senioren eine Weile nicht mehr einkaufen. Auch jetzt will der Tessiner Regierungspräsident Norman Gobbi (Lega) wieder bei den Risikogruppen ansetzen. «Einige Senioren haben gesagt, dass sie keine Einschränkungen wollten und bereit seien, das Risiko zu tragen. Wenn die Spitäler aber an die Grenzen kommen und harte Massnahmen nötig werden, leidet die ganze Gesellschaft darunter», sagt er. Eine Möglichkeit sei, die ältere Bevölkerung mit einer schweizweiten Kampagne zu sensibilisieren. Das Tessin plane zudem, Ältere aufzufordern, am frühen Morgen einzukaufen, während Jüngere die Läden dann meiden sollten.
Gegen Massnahmen, die nur die Freiheit der Senioren einschränken, ist Peter Burri von Pro Senectute: «Das Virus kennt keine Altersgrenze. Eine Ausgangssperre für über 65-Jährige wie im Kanton Uri im Frühjahr ist falsch.» Die Devise sei für alle klar: «Nur noch aus dem Haus, wenn es sein muss.»