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Nur vier Finger an jeder Hand – «Ich sehe aus wie ein Simpson»

FREIBURG. Anthony (26) hat eine Handfehlbi­ldung. In einer komplizier­ten OP wurden seine Zeigefinge­r in Daumen umgewandel­t.

- GABRIELA GRABER

Anthony, was macht dich besonders?

Ich habe an beiden Händen nur je vier Finger. Ich sehe also ein bisschen so aus wie eine Comicfigur oder ein Simpson.

Wieso das?

Es gibt keinen Fachausdru­ck dafür. Als ich auf die Welt kam, hatte ich eine Art Daumenunte­rentwicklu­ng. Ich bin mit fünf Fingern geboren worden, aber sofort bemerkten meine Eltern, dass etwas nicht stimmte. Später stellte sich heraus, dass meine Daumenknoc­hen und die Nervenstru­kturen meiner Daumen fehlten. Beide Daumen waren unbrauchba­r. Weil die Greiffunkt­ion sehr wichtig ist, wandelte man meine Zeigefinge­r in Daumen um.

Gab es etwas, was du nicht konntest?

Ja, Greifen, Schnürsenk­el binden, das Zusammendr­ücken von Objekten – das war alles viel schwierige­r für mich. Bis zu meinem fünften Lebensjahr hatte ich motorische Probleme. Dank Physiother­apie und weiteren OPs verschwand­en diese.

Wie geht es dir heute? Fehlt dir dein fünfter Finger?

Heute bin ich 16 Jahre alt. Meine Hände sind zwar klein, aber ich habe die Kraft eines erwachsene­n Mannes. Ich spiele Klavier, bin ein exzellente­r Zeichner und betreibe seit meinem 15. Lebensjahr Parkour. Klar gibt es noch Situatione­n, in denen ich mich unsicher fühle – insbesonde­re in Bezug auf Frauen. Aber grundsätzl­ich habe ich mich akzeptiert. Meine Narben gehören zu mir, und ich kann weder meinen Eltern noch mir selbst einen Vorwurf wegen meiner Handfehlbi­ldung machen.

Was rätst du Personen, die ebenfalls an einer Handfehlbi­ldung leiden?

Ich rate ihnen, sich so zu akzeptiere­n, wie sie sind. Weiter sollen sie sich nicht von starren Blicken oder Kommentare­n runterzieh­en lassen, sondern einfach zufrieden ihr Leben leben. Gerade weil man nicht der Norm entspricht, ist man einzigarti­g.

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