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Kontrovers

Corona: Wie wichtig sind Fallzahlen noch?

- DANIEL GRAF

KONTROVERS Für viele sind sie ein täglicher Begleiter: die Updates zu den Neuinfekti­onen. Auch für die Festlegung der Massnahmen, um das Virus einzudämme­n, waren sie bislang eine feste Grösse. Das soll sich nun aber ändern, fordert Manfred Kopf, Professor für Molekulare Biomedizin an der ETH Zürich: «Es ist nicht mehr angebracht, an der Inzidenz als zentralem Faktor für die Beurteilun­g der Lage festzuhalt­en. Insbesonde­re dürfen künftig die Corona-Massnahmen nicht mehr mit den Fallzahlen begründet werden.» Kopf argumentie­rt, dass aufgrund der fortschrei­tenden Impfkampag­ne zwangsläuf­ig weniger mittlere und schwere Fälle, Hospitalis­ationen und Todesfälle im Verhältnis zur Anzahl der Neuinfekti­onen auftreten würden.

Für GLP-Nationalra­t Martin Bäumle, der sich mit einem selbst erstellten Modell mit den Kennzahlen der Pandemie auseinande­rsetzt, wäre es dagegen Schwachsin­n, die Neuinfekti­onen jetzt nicht mehr zu berücksich­tigen: «Würden wir nur noch auf die Hospitalis­ationen achten, wären wir erst gewarnt, wenn es schon zu spät ist. Hospitalis­ationen und Todesfälle

ereignen sich immer zeitlich verzögert zu einem Anstieg der Neuinfekti­onen.» Das werde sich auch mit einer höheren Durchimpfu­ngsrate als den zurzeit knapp 42 Prozent nicht ändern. Bäumle: «Mit der Verschiebu­ng der Krankheits­last werden vermehrt jüngere Patienten in die Spitäler kommen und länger dort bleiben.» Liessen wir jetzt die Fallzahlen ausser Acht, drohe eine erneute Überlastun­g des Gesundheit­swesens.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat für die Phase 2, die Stabilisie­rungsphase, in der wir uns derzeit befinden, vier Kriterien zur Verschärfu­ng oder Lockerung der Massnahmen festgelegt. Dazu zählt auch die 14-Tage-Inzidenz. Der Bundesrat fällt die nächsten Entscheide voraussich­tlich am 11. August mit dem Übergang in die Phase 3, die Normalisie­rungsphase. Dann ist der Bundesrat laut dem Konzeptpap­ier der Meinung, dass «starke gesellscha­ftliche und wirtschaft­liche Einschränk­ungen nicht mehr zu rechtferti­gen sind».

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DPA Hospitalis­ationen und Todesfälle sind für einige zurzeit viel aussagekrä­ftiger als Neuinfekti­onen.

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