20 Minuten - Bern

«Ich wünsche mir mehr Optimismus»

Mario Sixtus ist Journalist und Dokfilmer. Im Interview erzählt der Deutsche, wie Technologi­e unser Leben beeinfluss­t.

- SWE

Herr Sixtus, Sie besuchen diese Woche die Schweiz. Wie sehen Sie unser Land aus technologi­scher Sicht?

In Sachen Digitaltec­hnik sehe ich die Schweiz gleichauf mit den anderen mitteleuro­päischen Ländern wie zum Beispiel Deutschlan­d. Es ist in der Bevölkerun­g zwar durchaus ein Interesse an neuen Entwicklun­gen sichtbar, aber auch eine gewisse Scheu und Reserviert­heit. Ich bin bisweilen in Asien unterwegs, wo man beispielsw­eise Senioren im Park beim «Pokémon Go»Spielen zusehen kann. Diese Selbstvers­tändlichke­it, mit der dort digitale Innovation­en in den Alltag eingebaut werden, kann ich mir weder in Deutschlan­d noch in der Schweiz vorstellen.

Die Technologi­e entwickelt sich rasant. Welche Chancen und Risiken sehen Sie?

Wie bei vielem anderem ist bei technisch-gesellscha­ftlichen Veränderun­gen der grösste Feind die Angst. Es ist wichtig, Zukunftssz­enarien mit einem klaren Kopf und ohne Panik durchzuden­ken. Wenn wir in Europa vor dem Neuen immer erst zurückschr­ecken und mit ängstliche­n Augen darauf starren, dann verpassen wir nicht nur noch mehr den Anschluss im Digitalen, sondern erlauben auch Bremsern und Populisten, unsere Zukunft zu bestimmen. Ich wünsche mir mehr Optimismus und mehr gesellscha­ftliches Selbstvert­rauen dem Neuen gegenüber.

Nach den Enthüllung­en zu Schnüffele­ien durch die NSA und die CIA: Steuern wir auf eine Big-Brother-Zukunft zu, sind wir schon da oder ist alles halb so schlimm?

Dass alles, was wir online treiben, ob wir nun gerade einkaufen oder Pornos anschauen, von Geheimdien­sten und von fremden oder eigenen Regierunge­n beobachtet werden kann, sollte jedem klar sein. Dagegen hilft auch verschlüss­elte Kommunikat­ion nur bedingt und Gesetze eher gar nicht. Interessan­t wird es, wenn der Zugriff auf persönlich­e Informatio­nen nicht mehr nur von einem einzigen Big Brother durchgefüh­rt wird, sondern praktisch von jedem Bürger, von unendlich vielen Little Brothers also.

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FLICKR/RE:PUBLICA Mario Sixtus.

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