«Das Gymi war der Weg des geringsten Widerstands»
BERN. Die Suche nach einer Lehrstelle kann mühsam sein. Das macht laut einer Fachfrau das Gymnasium attraktiver.
«Ich bin ins Gymi gegangen, weil es einfacher war, als eine Lehrstelle zu suchen», berichtet Nico G.* Ursprünglich wollte er Polygraf werden – doch als ihm klar wurde, dass es im ganzen Kanton nur 20 Stellen gab, sank die Begeisterung rasch. Darum sei er «den Weg des geringsten Widerstands» gegangen und habe die Gymiprüfung gemacht, erinnert er sich.
Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm beobachtet solche Fälle immer wieder. Auf Twitter schreibt sie: «Die Attraktivität des Gymnasiums hat auch diesen Grund: Eine Lehrstelle suchen zu müssen, ist herausfordernder als eine Gymi- prüfung.» Während sich das Leben nach dem Berufseintritt komplett verändere – ein völlig neues Umfeld mit älteren Mitarbeitern und ganz neuen An- forderungen wartet auf die Lehrlinge –, könnten sich Gymnasiasten weiter im vertrauten Schulsystem bewegen.
Auch Andres Züger, Berufsberater im Laufbahnzentrum der Stadt Zürich, sagt, die Anforderungen an Lehrstellensuchende seien gestiegen. Zum Schnuppern und Schreiben von Bewerbungen kämen immer öfter noch Leistungstests. Die These von Margrit Stamm findet er aber gewagt, da es beim Gymnasium andere Herausforderungen gebe. Darauf verweist auch Jürg Brühlmann vom Lehrerverband: «Für Schüler, die ausreichende Leistungen fürs Gymnasium erbringen, ist es meist auch einfacher, eine Lehrstelle zu finden.»
*Name der Redaktion bekannt