20 Minuten - Bern

«Deutsche Flüchtling­spolitik hat Sicherheit dramatisch verschlech­tert»

Ein erfrischen­d offenes Gespräch über IS-Zellen in Europa mit Terror- Experte Guido Steinberg.

- ANN GUENTER

KONTROVERS

Herr Steinberg, der gescheiter­te Anschlag mit 120 Gasflasche­n lässt den Schluss zu, dass hier Amateure am Werk waren.

Nicht unbedingt. Auch Leute, die mit Sprengstof­f umgehen können, machen Fehler. Kommt hinzu: Die BarcelonaT­erroristen mögen sich mit Sprengstof­f nicht besonders gut ausgekannt haben. Aber einer hat es zumindest rudimentär gelernt. Denn wenn die Terroriste­n von Barcelona schon so viele Propangas- Seit 2015 war das vor allem Deutschlan­d.

Welche Zellen gibt es sonst noch?

Die Hiergeblie­benen. Diese Gruppe war nie in Syrien oder im Irak und wird gezielt durch die Social-Media-Teams des IS in Europa rekrutiert. Unter ihnen finden sich auch echte Flüchtling­e, die der IS für seine Sache begeistert. Der Kontakt zum IS ist zum Teil sehr eng, auch weil unsere Behörden personell, rechtlich und technisch nicht in der Lage sind, verschlüss­elte Kommunikat­ion zu knacken. Bei der dritten Gruppe besteht gar keine Verbindung zum IS. Die sogenannte­n einsamen Wölfe handeln von sich aus und kommen tatsächlic­h nur sehr selten vor, obwohl unsere Behörden immer vor ihnen warnen.

Der IS benutzt Flüchtling­e und Flüchtling­srouten systematis­ch für seine Anschlagsp­läne – ein Umstand, der Europol noch Anfang Jahr in einem Bericht bestritt.

Es sind nachweisli­ch Terroriste­n unter Flüchtling­e geschleust worden. Der IS hat sogar Späher, die systematis­ch auskundsch­aften, welche Routen sich am besten für ISPersonal eignen. Das ist militärisc­h geplant. Da das seit spätestens 2016 unter Fachleuten bekannt ist, gehe ich davon aus, dass der Grund für die Zurückhalt­ung der europäisch­en Polizeibeh­örde politische­r Natur ist. Im Klartext geht es vor allem um Deutschlan­d. Die deutsche Flüchtling­spolitik hat nachweisli­ch zu einer dramatisch­en Verschlech­terung der Sicherheit­slage geführt.

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