Prozess um verschwundene Geigenbögen für 2 Millionen
BIEL. Ein Geigenbauer soll 61 Geigenbögen im Wert von 2 Millionen Franken veruntreut haben. Dem Gericht servierte er eine abenteuerliche Story.
Der Mann, der seit gestern vor dem Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern steht, hat die Altersvorsorge eines geprellten Ehepaars auf dem Gewissen. Die von der AHV und ihrem Vermögen lebenden Eheleute erklärten vor Gericht, sie hät- ten anstelle einer Pensionskasse in die nach und nach von ihnen aufgebaute Sammlung von 61 Geigenbögen investiert. Diese hätten sie 2008 zu Geld machen wollen.
Der im internationalen Instrumentenhandel versierte Geigenbauer hätte die Bögen für rund zwei Millionen Franken verkaufen sollen. «Ich war überzeugt, dass mir das innert eines Jahres gelingen würde», sagte der Mann vor den Richtern. Doch es sei schwieriger gewesen als erwartet. Deshalb habe er die Sammlung an einen Händler in London weitergereicht. Im gleichen Zeitraum habe ihm dieser eine wertvolle historische Geige zur Restaurierung anvertraut. Diese sei ihm aber gestohlen worden. Deshalb habe der britische Händler die Bogensammlung als Pfand an sich genommen. Er habe keine Möglichkeit gehabt, die Besitzer zu entschädigen: Eine von ihm gekaufte und restaurierte Amati-Geige sei wegen Ansprüchen eines früheren Besit- zers von der italienischen Polizei beschlagnahmt worden.
Der Staatsanwalt wollte dies nicht so recht glauben: Es gebe keinen Beweis für die Aneignung der Sammlung durch den Londoner Händler. Betrachte man die Verfahren gegen den Mann in Italien und eine Verurteilung wegen Veruntreuung und Urkundenfälschung 2012 in Genf, ergebe sich ein Muster. Um finanzielle Löcher zu stopfen, greife er zu widerrechtlichen Mitteln. Das Urteil soll heute folgen.