«Sie richten sich ein, als wären sie in ihrem Zimmer»
ZÜRICH. Sitze, die mit Gepäck belegt sind, zerren an den Nerven der Pendler. Pro Bahn fordert strengere Kontrollen.
Die S-Bahn morgens um 7 Uhr Richtung Zürich ist vollbesetzt. In einem Viererabteil jedoch belegt eine wuchtige Reisetasche samt Trekking-Rucksack zwei Sitze. Solche Fälle von Sitzplatz-Blockierung kommen immer wieder vor – laut Karin Blättler, Präsidentin von Pro Bahn Schweiz, ein Dauerkonflikt. Im Rahmen eines Selbst- versuchs hat sie sich kürzlich vorgenommen, einen Monat lang konsequent auf Sitzplätzen zu bestehen, die mit Taschen oder Gepäck belegt waren. «Nach kurzer Zeit brach ich mein Experiment ab. Ich hielt diese oftmals genervten Reaktionen der Sitzplatz-Blo- ckierer nicht mehr aus.» Oft hätten sie die Taschen schnippisch bis gereizt entfernt. Es gebe auch Passagiere, die ganze Abteile blockierten. «Sie richten sich dort ein, als wären sie in ihrem Zimmer.»
Blättler fordert, dass Billettkontrolleure und Security-Personal Sitzplatz-Blockierer härter anpacken. «Sie müssen mehr kontrollieren und die Blockierer konsequent darauf hinweisen, dass Gepäck- und Kleidungsstücke auf freien Sitzen nichts verloren haben.» Auch sollten regelmässige Zugdurchsagen darauf aufmerksam machen. «Fruchten diese Massnahmen nicht, müsste man über Bussen diskutieren.»
Die SBB-Benutzerordnung bittet die Passagiere, pro Person nur einen Platz zu belegen. Die Tarifverordnung der ÖV-Branche hält fest, dass Reisende für jeden Sitz, den sie mit Handgepäck belegen, ein gewöhnliches Billett zum halben Preis lösen müssen.
Härter durchgreifen will die SBB nicht. «Die Zugbegleiter handeln bei Passagieren mit Augenmass», so SBB-Sprecher Stephan Wehrle. Diese Praxis bewähre sich.