Patient floh aus Klinik – Ehefrau entsetzt
MÜNSINGEN. Der Mann von Ursula S. ist laut ihr suizidgefährdet. Doch trotz Einweisung konnte er die Klinik wieder verlassen. Das versteht S. nicht.
Weil der Ehemann von Ursula S.* öfters von Suizid sprach, wurde er schon mehrere Male in die Psychiatrie Münsingen eingewiesen. Vor einigen Tagen tauchte er nur wenige Stunden nach seiner Einlieferung wieder zu Hause auf. «Ich wurde erst drei Stunden nach der Rückkehr meines Mannes über sein Verschwinden informiert», sagt Ursula S. Ihr Ehemann leide schon seit längerem an einer Persönlichkeitsstörung. Es kam schon mehrere Male vor, dass ihr Mann nach Einweisungen die Klinik verliess, ohne dass die Pfleger dies bemerkten. Sie kritisiert nun das Betreuungssystem und stellt die Sicherheit von suizidgefährdeten Patienten in der Anstalt infrage.
Thomas Reisch, ärztlicher Direktor der Psychiatrie Münsingen, erklärt: «Wenn jemand mit suizidalen Gedanken eingeliefert wird, wird zuerst die effektive Gefährdung des Pa- tienten eingeschätzt.» Sei die Lage nicht allzu fatal, habe der Betroffene ein Anrecht auf Ausgang. Sobald der Patient in Gesprächen als sicher erachtet werde, dürfe er das Zimmer eigenständig verlassen. «Wir sind kein Gefängnis und haben auch keinen Sicherheitstrakt. Einsperren können wir hier niemanden über längere Zeit», sagt Reisch. «Befindet sich die Person hingegen in kritischem Zustand, gibt es eine zeitlich begrenzte Behandlung hinter verschlossenen Türen.»
Nahe der Klinik verkehren Züge der SBB und BLS: «Begibt sich ein gefährdeter Patient in Richtung Bahnhof, benachrichtigen wir sofort die Transportunternehmen, sodass der Bahnverkehr rechtzeitig gestoppt werden kann», so Reisch.
*Name der Redaktion bekannt