Ein fast schon vernünftiger Lambo
Der Lamborghini Urus ist nicht nur der schnellste SUV der Welt – er lässt auch Dinge zu, die bei der Marke bislang undenkbar waren.
Okay, nur fast. Keine Familie braucht einen Pampers-Bomber mit 650PS, 850Nm, 3,6Sekunden auf Tempo 100, und schon gar nicht mit 305km/h Spitze. Grosszügige Platzverhältnisse für bis zu fünf Personen, hohen Komfort, moderne Assistenten und Wintertauglichkeit gibt es auch bei anderen Marken – zu einem Bruchteil von 208426 Franken exklusive Steuern. Aber der neue Urus ist nun mal das einzige Auto, das es bei gewissen Alltagsbedürfnissen erlaubt, einen echten Lamborghini zu fahren.
Na schön, wieder nur fast. Die technische Basis wie auch den V8-Biturbo teilt sich der Urus mit anderen Modellen aus dem VW-Konzern; sogar das Digitalcockpit mit übereinanderliegenden Touchscreens kennt man bereits von Audi und Porsche (wobei man sagen muss – es gibt echt schlechtere Systeme). Doch das Fahrverhalten ist dank hecklastigem Allradantrieb mit Torque- Vectoring übers Hinterachsdifferenzial, Luftfederung, Wankstabilisierung, Vierradlenkung und Carbon-Keramik-Bremsen absolut lamborghiniwürdig. Die 5,11 Meter Länge und 2,2 Tonnen Leergewicht gehen im schärfsten Fahrmodus jedenfalls vergessen – und das Babygeschrei im V8-Lärm unter.
Natürlich kommt der Urus nicht an die Schärfe eines Aventador heran, doch deshalb bezeichnen ihn die Italiener auch nicht als Supersportwagen, sondern als Super Sports Utility Vehicle. Und Traditionsbruch begehen sie sowieso nicht: Zwischen 1986 und 1993 gab es schon den martialischen, inoffiziell «Rambo-Lambo» genannten LM002 mit dem V12 aus dem Countach und einem Verbrauch von bis zu 42 Litern. Insofern ist der neue Urus mit 12,3 Litern sogar fast schon sparsam.
Ab 2019 soll es ihn zudem als Plug-in-Hybrid geben. Für derzeit noch ziemlich absurde Dialoge wie: «Liebling, unser Lambo ist zwar familien-, aber nicht ökofreundlich.» «Na schön, wenn es sein muss, kaufe ich eben noch einen zweiten.»