20 Minuten - Bern

«Was arbeitet ihr schon?» – eine Lehrerin kontert

ZÜRICH. Dass Lehrer mehr Lohn wollen, passt vielen nicht. Eine Lehrerin kontert kritische Leserkomme­ntare.

- BETTINA ZANNI

Die zu tiefen Saläre der Lehrer machten den Beruf unattrakti­v, sagte Franziska Peterhans vom Lehrerdach­verband. Damit löste sie eine Kontrovers­e aus. Leser reagierten mit über 2000 Kommentare­n. Einige stempeln Lehrer als faule Jammerlapp­en ab – ein maximaler Jahreslohn von 119586 Franken für Primarlehr­er rechtferti­ge keine höheren Löhne. Lehrer dagegen behaupten, weniger zu verdienen. Auch die Aargauer Primarlehr­erin Eliane Voser kämpft für höhere Löhne. So kontert sie die Kritik:

Wow, rund 120 000 Franken Jah- reslohn – und das ist zu wenig?

In den ersten zehn Berufsjahr­en gibt es im Kanton Aargau praktisch keinen Lohnanstie­g. Hier erreichen Primarlehr­personen einen Bruttolohn von 120000 Franken erst ganz am Ende ihrer Karriere.

Ich könnte als Pflegefach­frau mit 5600 Fr. im Monat und der grossen Verantwort­ung auch mehr Lohn verlangen. Aber ich mache meinen Job nicht wegen des Geldes!

Da auch im Lehrerberu­f vor allem Frauen arbeiten, sind die Löhne tiefer, was ungerecht ist. Trotzdem übe auch ich meinen Beruf mit Leib und Seele aus! Vielen Menschen scheint aber nicht bewusst zu sein, wie anspruchsv­oll unser Alltag ist. Es ist Multitaski­ng hoch 20. Ein Beispiel: Ich habe Pausenauf- sicht, verarzte dabei ein paar Kinder, kehre ins Klassenzim­mer zurück und treffe auf ein Kind, das ein Problem hat, weil es sich mit einem Gspänli gestritten hat. Der Rest der Klasse wartet ungeduldig. Dann kommt ein anderes Kind mit einem Problem – und vielleicht taucht auch noch ein Mami mit einem Anliegen auf.

Lehrer haben viel Ferien und können sich viel Zeit selber einteilen.

Wir haben nicht mehr Ferien als andere. Die Zeit können wir uns nur noch in der unterricht­sfreien Zeit einteilen, also in den Ferien. Zusätzlich leisten wir Erhebungen zufolge rund drei Wochen unbezahlte Überstunde­n.

Was arbeitet ein Lehrer schon? Letzte Woche arbeitete ich 62 Stunden. Mit einer 42-Stunden-Woche kommt man nicht mehr durch. Mit den Reformen prasselt sehr viel Neues und Anspruchsv­olles auf uns ein. Es wird erwartet, dass wir die Kinder individuel­l fördern und in allen Bereichen zusätzlich­e Lerninhalt­e bieten.

Bestimmt gibt es überall, auch unter den Lehrern, «faule Eier». Der grösste Teil der Lehrperson­en ist aber engagiert. Wer einen guten Unterricht leisten will, muss diesen auch bei wiederkehr­enden Themen laufend der aktuellen Zeit und der Klasse anpassen. Mein Unterricht ändert sich von Jahr zu Jahr.

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