Die EU sucht ihre Migrationsstrategie
BRÜSSEL. Eine gemeinsame Strategie der Europäischen Union in der Flüchtlingspolitik scheint in weiter Ferne. Zwei Migrationsexperten zu den Herausforderungen und Lösungen.
Die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union ist chaotisch wie nie. Jetzt hat die EUKommission einen Vorschlag präsentiert, wie Flüchtlingszentren in und ausserhalb der EU aussehen könnten. Das Konzept ist aber vage. 20 Minuten hat mit zwei Migrationsexperten gesprochen:
Wie akut ist die Flüchtlingskrise?
Man müsse eher von einer politischen Krise sprechen, sagt Benjamin Schraven vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. «Den rechtspopulistischen Bewegungen ist es gelungen, die EU beim Thema Flüchtlinge unter Druck zu setzen», sagt er.
Wären Lager in nordafrikanischen Ländern eine Lösung?
Beide Experten halten das für problematisch. «In Tunesien und in Libyen gibt es immer wieder rassistische Übergriffe auf schwarzafrikanische Migranten und auch Sklavenhandel.» Ausserdem würden die Menschen dann ewig in diesen Lagern ausharren, sagt Belachew Gebrewold vom Management Center Innsbruck.
Welche Lösungen gibt es?
Ein wichtiger Schritt sei die Beschleunigung der Asylverfahren in Europa, sagt Schraven. Die Etablierung eines effektiven Verteilschlüssels für anerkannte Asylbewerber als «neues Dublin-System» gehöre ebenso dazu wie bessere Vereinbarungen mit den Herkunftsländern zu irregulären Migranten. Gebrewold hat dazu einen konkreten Vorschlag: «In West- und Zentralafrika sollte es Zentren geben, von wo aus Schutzbedürftige nach Europa überstellt werden können.»
Warum wird das nicht längst gemacht?
Das Problem ist, dass die Geldsummen, die aus der Diaspora in die Herkunftsländer zurückgeschickt werden, viel höher sind als die EU-Entwicklungshilfe, so Gebrewold. Ein weiterer Grund: Die meisten Flüchtlinge blieben innerhalb Afrikas. Gerade einmal 12 Prozent kämen nach Europa. Den afrikanischen Ländern sei Europas Sorge also weniger wichtig.
Wie lässt sich das ändern?
«Es gibt mehrere Initiativen zwischen den Herkunftsländern und der EU, im Bereich der Migration zu kooperieren. Darauf sollte man aufbauen», fordert Politologe Gebrewold. Zudem müsse man Entwicklungshilfe und Migrationspolitik voneinander entkoppeln.
Warum zieht die EU nicht an einem Strang?
«Bei Kooperationen will jeder so wenig wie möglich beitragen und einen so grossen Nutzen wie möglich daraus ziehen», meint Gebrewold.