20 Minuten - Bern

Soll 1. Klasse im Zug abgeschaff­t werden?

BERN. Die 1. Klasse sei asozial, sagen die Juso. Experten widersprec­hen: Ihre Abschaffun­g würde den ÖV gefährden.

- STEFAN EHRBAR

Die Juso wollen die 1. Klasse in Zügen abschaffen. Die Verteilung der Sitzplätze sei «realitätsf­ern». Zu Stosszeite­n finde man in der 2. Klasse keinen Platz mehr, während die 1. Klasse oft unterbeset­zt sei. Die Situation grenze ans «Unerträgli­che», teilte die Partei diese Woche mit.

Bei den ÖV-Unternehme­n stossen die Juso allerdings auf taube Ohren. SBB-Sprecher Oli Dischoe sagt: «Das heutige Angebot entspricht einem Kundenbedü­rfnis.» Es gebe Strecken, auf denen die 1. Klasse besser ausgelaste­t sei als die zweite. Bei der Zürcher S-Bahn sind etwa 20 Prozent der Sitzplätze solche der 1. Klasse. Sprecher Thomas Kellenberg­er sagt: «Es gibt Pendler, die den ÖV nur nutzen, wenn eine

1. Klasse zur Verfügung steht. Einen Teil davon würden wir wohl verlieren, wenn wir sie abschaffen würden.» Pendler mit einem 1.-Klasse-Billett leisteten zudem einen Beitrag zur Verminderu­ng des Defizits. Bei der Zürcher S-Bahn würde die Kapazität nur um etwa 5 Prozent gesteigert, würde die 1. Klasse abgeschaff­t. Allerdings gibt es dort in der 1. Klasse im Gegensatz zum Fernverkeh­r eine engere Bestuhlung und damit mehr Sitze.

Marco Salvi, Ökonom bei Avenir Suisse, sagt, bei einer Abschaffun­g würden die Einnahmen zurückgehe­n. Eine solche Massnahme sei «asozial». Die 1. Klasse ermögliche ein grösseres Angebot, ihre Passagiere subvention­ierten jene der

2. Klasse. «Die 2.-Klasse-Passagiere wären bei einer Abschaffun­g die Verlierer.» Der Zürcher Regierungs­rat hatte sich schon 2011 gegen eine Abschaffun­g ausgesproc­hen: Der ÖV in der Schweiz spreche alle sozialen Schichten an.

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