Mademoiselle bittet zum Kurventanz
Die Alpine A110 kehrt als modernes Sportcoupé zurück. Ihrer Urahnin aus den 1960ern ist sie jedoch erstaunlich ähnlich – nicht nur optisch.
Mademoiselle zierte sich lange. Über 40 Jahre ist es her, seit ihre berühmte Grossmutter A110 Berlinette das Parkett verliess. Sechs Jahre, seit sie erstmals versprach, das Erbe der französischen Ikone weiterzuführen. Nun lässt sie bitten, macht sich aber rar. Die auf 1955 Exemplare limitierte Première Edition ist längst ausverkauft und der Run auf die Serienversionen Pure und Légende so gross, dass lange Wartezeiten angesagt sind. Quelle hystérie! Und das wegen eines 252-PS-Wägelchens?
Mais oui, zu Recht. Während andere Sportwagen immer aggressiver, grösser, stärker werden, übernimmt die A110 das freundliche Knopfaugengesicht und die verführerischen Rundungen von ihrer Vorfahrin und hält sich auch an deren «Moins, c’est plus»-Prinzip mit zierlicher Statur und knapp 1,1 Tonnen Leergewicht. Für einen heissen Tanz reicht ein 1,8-Liter-4-Zylinder vollkommen aus. Zumal dessen Platzierung in der Fahrzeugmitte für die perfekte Balance sorgt. Der Schwerpunkt tief ist. Der Antrieb hinten. Die Lenkung direkt. Das Doppelkupplungsgetriebe aufmerksam. Und der Sound aus der mittigen Abgasanlage überraschend betörend. Ça, c’est l’amour, besser geht es auf einer kurvigen Landstrasse nun wirklich nicht!
Dabei ist Mademoiselle keineswegs kapriziös. Wo die frühere Alpine schon mal die zickige Femme fatale gab, bleibt die neue stets berechenbar und verwöhnt trotz des straffen Sportfahrwerks ohne adaptive Dämpfer mit einem guten Alltagskomfort. Gut, in die beiden Laderäume passen gefühlt nicht viel mehr als ein Schminktäschchen plus ein Paar High Heels. Dafür nehmen selbst Grossgewachsene auf Sportsitzen mit hohen Seitenwangen bequem Platz, und neben einem brauchbaren Infotainment sind auch die nötigsten Assistenten an Bord.
Die lange Wartezeit nimmt man ihr und der für sie verantwortlichen Renault-SportAbteilung nicht übel – sie hat sich gelohnt. Die Frage lautet eher, warum es heutzutage nicht mehr Sportwagen gibt, die riesig Spass machen, ohne beim Verbrauch zu überborden. Der Normverbrauch der Alpine beträgt 6,1 Liter.