20 Minuten - Bern

Lange Hitzeperio­den machen uns aggressiv

ZÜRICH. Die vielen Gewalttate­n der letzten Tage sind kein Zufall: Bei Hitze ist der Mensch deutlich aggressive­r.

- NIKOLAI THELITZ

ZÜRICH. Bei anhaltende­r Hitze steige die Aggressivi­tät, sagen Wissenscha­ftler. Tatsächlic­h gab es jüngst mehrere Gewalttate­n. Deeskalati­onstrainer Erich Roth erklärt dies mit dem körperli- chen Stress, den die Hitze auslöst. Für Johanna Bundi Ryser vom Polizeibea­mtenverban­d liegts eher an feuchtfröh­lichen Feiern im Freien. Die Leute seien enthemmt und gewaltbere­it.

In der Nacht auf Samstag wurde ein Basler zu Tode geprügelt, am Abend darauf stach ein 80-Jähriger auf einen Mann (38) ein und verletzte ihn lebensgefä­hrlich. In Zürich kam es in der Nacht auf Sonntag zu einer lebensbedr­ohlichen Messeratta­cke, am Freitag wurde ein Mann mit einer Flasche und Tritten am Kopf verletzt. In Bern wurde ein Mann in der Nacht auf Sonntag mit einem Messer bedroht und verletzt.

Verantwort­lich für die Häufung von Straftaten könnte das heisse Wetter sein: Forscher weisen immer wieder einen Zusammenha­ng zwischen Aggressivi­tät und Hitze nach. Das Ganze ist als «long hot summer effect», also als «Langer, heisser Sommer»-Effekt bekannt. Laut den Forschern werden bei Hitze mehr Gewalt- und Sexualverb­rechen begangen, und es gibt mehr Unruhen. Zudem reagieren Teilnehmer in Experiment­en bei höherer Temperatur aggressive­r. Auch Polizisten sind gereizter: So zückten Beamte in einer Simulation bei 21 Grad zu 60 Prozent die Waffe, bei 27 Grad wurde die Waffe zu 85 Prozent gezückt. «Im Sommer findet das Leben eher draussen statt, da kann es gut sein, dass es zu mehr Konflikten und Aggression kommt», sagt Johanna Bundi Ryser vom Verband Schweizeri­scher Polizeibea­mter. «Weil im öffentlich­en Raum mehr Alkohol konsumiert wird, sind die Leute eher enthemmt und gewaltbere­it.»

Die Polizisten seien aber wegen der Hitze nicht gereizter, sondern auch für solche Extremsitu­ationen gut ausgebilde­t. Laut Rebekka Tilen, Sprecherin der Zürcher Kapo, stellt die Hitze die Polizisten vor besondere Herausford­erungen: «Wenn man bei über 30 Grad auf dem heissen Asphalt in der Uniform einen Unfall protokolli­ert, hilft nur eines: viel trinken!»

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Am Samstag wurde in Basel ein Mann (38) von einem 80-Jährigen mit einer Stichwaffe schwer verletzt.

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