Sophie Hunger nimmt es in Kauf, Fans zu verlieren
Auf ihrem sechsten Studioalbum wagt die Schweizer Erfolgssängerin einen Neustart. Das ist nur richtig.
Es beginnt mit einem SynthieBass, der bedrohlich und monoton vor sich hin hämmert, dann schwirren schräge Synthie-Flächen darüber hinweg, und nach 33 Sekunden – nach heutigen, hastigen SpotifyStandards müsste hier der Refrain kommen – setzt die verhallte Stimme ein: Der Einstieg ins Album «Molecules» ist eine Ansage. Sophie Hunger klingt nicht mehr, wie wir sie kannten, und sie macht keine Kompromisse.
Bevor sie mit dem Schreiben von «Molecules» begonnen hat, hat sich Sophie Hunger Regeln gesetzt und ihre Musik auf vier Kernzutaten eingekocht, auf denen sie alles aufbaut: Jeder der elf Songs besteht aus elektronischen Beats, Synthies, Gitarre und Stimme. «Davon bin ich nie abgewichen. Das war mein Dogma.» Das Resultat: Ein Album, das in sich stimmt.
Hungers neuer Elektropop ist in Songs wie «Tricks» und «Electropolis» ganz schön tanzig und ein bisschen abgedreht, in «There Is Still Pain Left» oder «Let It Come Down» so traurig, dass er unweigerlich in die Knochen fährt. In der Beschränkung auf strikte Regeln hat die Bernerin neue Ausdrucksweisen gefunden, die sie mit Freude und zu grosser Wir- kung auskostet. Sie ist sich bewusst, dass «ein paar ältere Fans auf diesen Trip nicht mitkommen werden», wie sie selbst sagt. Doch sie gewinnt mit «Molecules» viel dazu: Sie zerschmettert die Gefahr, langweilig zu werden. Neue Fans kommen da von alleine dazu.