Gaddafi-Geisel Göldi rechnet in Buch mit dem Bundesrat ab
GENF. Die Libyen- Krise hielt die Schweiz zwei Jahre in Atem. Nun legt Ex- Geisel Max Göldi in einem Tagebuch seine Sicht der Dinge dar.
Zwei Jahre hielt der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi den Schweizer ABB-Ingenieur Max Göldi (63) und den tunesisch-schweizerischen Geschäftsmann Rachid Hamdani als Geiseln in Tripolis fest. Gaddafi rächte sich im Juli 2008 dafür, dass die Genfer Polizei zuvor seinen Sohn Hannibal in Genf verhaftet hatte (siehe Chronologie).
In seinem 608 Seiten starken Buch «Gaddafis Rache – Aus dem Tagebuch einer Geisel» (Wörterseh-Verlag) berichtet Göldi, der heute in Asien lebt, von seinem Martyrium. Als schlimmstes Erlebnis be- zeichnet er die Hinrichtungen, die er in der Einzelhaft mitbekommen hat. Im Buch rechnet er aber auch mit dem Bundesrat, den Genfer Behörden sowie dem Aussendepartement (EDA) ab. Die Festnahme Hannibals durch die Genfer Polizei sei unverhältnismässig gewesen. Den damaligen Schweizer Konsul in Tripolis bezeichnet er als «Schönwetterdiplomaten». Und bis heute versteht er nicht, warum Bundespräsident Pascal Couchepin 2008 seine Ferien nicht abbrach, um Gaddafi zu besuchen.
Lob findet er für den Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz, der sich im August 2009 bei Gaddafi für die Verhaftung in Genf entschuldigte. Das sorgte damals für Häme, und Gaddafi liess die Geiseln trotzdem nicht frei. Göldi: «Es brauchte diese Geste.» Die Planspiele der Schweizer Armee zur Befreiung der Geiseln begrüsst er. Eine Idee war, die Geiseln mit einem Jetski aus den libyschen Hoheitsgewässern und dann nach Europa zu bringen. «Die Neutralität schliesst nicht aus, dass die Schweiz Geiselopfer im Ausland unterstützt», sagt Göldi im Gespräch. Dass sein Peiniger Muammar al-Gaddafi im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 getötet wurde, brachte Göldi keine Genugtuung: «Ein solches Ende wünscht man niemandem.»