«Dann verstummten die Schreie aus dem brennenden Haus»
SOLOTHURN. Ein Brand in Solothurn fordert sechs Todesopfer. Eine Person wurde festgenommen. Nachbar Abdul Karem wurde zum Helden.
Ein Brand hat in Solothurn sechs Todesopfer gefordert. Gegen 2.10 Uhr morgens alarmierte ein Anwohner eines Hauses gestern die Feuerwehr, weil er Rauch im Treppenhaus bemerkt hatte. Die Retter rückten mit einem Grossaufgebot aus. Sie konnten die meisten der über 20 Personen im Haus evakuieren. Für sechs von ihnen, darunter auch Kinder, kam jede Hilfe zu spät. Vier Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Über die Identität der Opfer war zunächst nichts bekannt. Der Brand wurde nach ersten Erkenntnissen der Solothurner Kantonspolizei durch unsachgemässen Umgang mit Raucherwaren in einer Wohnung verursacht. Eine Person wurde vorläufig festgenommen.
Bewohner berichten von einer psychisch labilen Frau, die im Erdgeschoss wohnt und mit dem Brand in Zusammenhang stehen könnte. Ein Anwohner sagt, Bewohner seien in Panik ausgebrochen und aus dem Fenster gesprungen. Daniel Gsell, der neben dem Brandhaus wohnt, erlebte den Einsatz hautnah mit. «Plötzlich kam Hektik auf. Ich hörte Leute schreien und Kinder weinen», sagt er. Zuerst habe er geglaubt, es sei ein Streit. «Dann wurde es still.» Später habe er gesehen, wie Retter Opfer reanimierten – vergeblich. Nachbar Abdul Karem (21) wurde um 2 Uhr morgens von einer Nachbarin geweckt. Als er aus seinem Fenster schaute, sah er eine Frau, die im vierten Stock ihr Kind aus dem Fenster hielt. Sie wollte es fallen las- sen, um sein Leben zu retten. «Ich ging sofort nach draussen und schaffte es knapp, das Baby aufzufangen», sagt Karem. Ob die Mutter noch lebt, wisse er nicht.
Der Solothurner Stadtpräsident Kurt Fluri (FDP) sprach den Betroffenen gestern sein Mitgefühl aus. Er machte sich um 5 Uhr morgens ein Bild vor Ort – und traf auf aufgebahrte Leichname in Zelten. «Dieser Anblick tut weh», sagt Fluri. «Der Rauch war das Problem. Ihm konnte man nicht entkommen.»