Grüner Sieg – «Greta hat die Wähler aufgerüttelt»
BERN. Die grünen Parteien legen bei den Wahlen deutlich zu. Nun könnte das Autofahren teurer werden. Weitere umstrittene Ideen stehen vor dem Durchbruch.
Die Grünen triumphieren: Sie gewinnen im Nationalrat 17 Sitze, so stark hat in den letzten 100 Jahren noch nie eine Partei zugelegt. Die Klimabewegung mit Greta Thunberg habe die Wahl beeinflusst, sagt Politologe Thomas Milic. Eine Schlappe erleidet die SVP: Sie verliert 12 Sitze, bleibt aber die stärkste Partei. Insgesamt wird das Parlament weiblicher.
So viel Sitze gewannen grüne Parteien noch nie bei einer Parlamentswahl: Um 9 auf 16 Sitze legte die GLP zu, die Grünen steigerten sich gar um 17 auf 28 Sitze im Nationalrat. Von einer «unglaublichen Verschiebung» spricht Grünen-Präsidentin Regula Rytz. Das werde Auswirkungen haben: «Wir wurden für eine griffigere Klimapolitik gewählt. Das CO2-Gesetz muss nun verbessert und umgesetzt werden.» Es sieht – in der vom Ständerat kürzlich beschlossenen Version – einen Aufschlag auf Benzin von bis zu 12 Rappen pro Liter, eine Flugticketabgabe von 30 bis 120 Franken und ein faktisches Verbot von Ölheizungen in Altbauten vor. GrünenFraktionschef Balthasar Glättli sagt, es bilde erst etwa die Hälfte der nötigen Massnahmen ab. «Alle Parteien, die nicht wie die SVP kategorisch Nein sagen, müssen sich nun zusammensetzen und eine Strategie gegen den Klimawandel beschliessen. Das wollen auch die Wähler.»
SVP-Nationalrat Christian Imark befürchtet, dass die neuen Mehrheiten «das Fuder überladen»: «Links-Grün ist beflügelt. Gut möglich, dass plötzlich Benzinpreis-Aufschläge von 20 bis 30 Rappen pro Liter im Gesetz stehen.» Dagegen wehre sich die SVP. Die Partei sei nach den Wahlen stärker in der Opposition: «Wir müssen Links-Mehrheiten künftig mit Initiativen und Referenden bekämpfen», so Imark.
Neue Mehrheiten zeichnen sich nicht nur in der Klimapolitik ab: Die Ehe für alle etwa dürfte im neuen Nationalrat leichtes Spiel haben. Denkbar ist, dass die Samenspende für gleichgeschlechtliche weibliche Ehepaare wieder ins Gesetz aufgenommen wird. Der Konzernverantwortungsinitiative, die Schweizer Unternehmen für Menschenrechtsverstösse im Ausland haftbar machen will, könnte das neue Parlament einen Gegenvorschlag gegenüberstellen. Für das Rahmenabkommen mit der EU ergeben sich aber auch mit dem neuen Parlament keine eindeutigen Mehrheiten.