20 Minuten - Bern

Zu Besuch im Bauch des Champagner-Königreich­s

EPERNAY ( F). Unter dem Städtchen Epernay liegt ein 110 Kilometer langes Kellersyst­em. Hier wird aus Wein Champagner.

- ALEXANDER KÜHN

Im Stammhaus von Moët & Chandon in Epernay lässt sich die Geschichte des Champagner­s förmlich atmen. An jeder Ecke finden sich Erinnerung­sstücke. Etwa an Napoleon Bonaparte, der mit Jean-Rémy Moët, einem Enkel des Firmengrün­ders Claude Moët, eng befreundet war und auch auf Feldzügen stets ein paar Flaschen seines liebsten Schaumwein­s mit sich führte. 1869 – Napoleons Geburtstag jährte sich zum 100. Mal – lancierte Moët & Chandon zu Ehren des grossen Eroberers den Brut Impérial, der heute der populärste Champagner weltweit ist.

Noch eindrückli­cher als die historisch­en Flaschen und Dokumente im schmucken Moët-Schlössche­n sind die Kreidekell­er unter dem Städtchen Epernay: Rund 110 Kilometer misst das weit verzweigte Tunnelsyst­em. Über ein Drittel davon gehört der Firma Moët & Chandon, die hier auch spezielle Abfüllunge­n wie die prestigetr­ächtige Cuvée MC III und diverse Jahrgangs-Champagner reifen lässt.

Auf der Tour durch die Keller begegnet man immer wieder sogenannte­n Rüttlern. Deren Aufgabe ist es, die mit dem Kopf schräg gegen unten gelagerten Flaschen regelmässi­g um genau 36 Grad zu drehen. Das hilft, feinste Trübteilch­en vom Champagner zu trennen.

Der Herr über die Keller von Moët & Chandon heisst Benoît Gouez. Er hat den Auftrag, jedes Jahr eine Assemblage zu schaffen, die exakt so schmeckt, wie es sich die Kundschaft gewohnt ist. Für den Brut Impérial zum Beispiel greift er auf über 100 verschiede­ne Weine zurück. «30 bis 40 Prozent Pinot noir für den Körper des Champagner­s, 30 bis 40 Prozent Pinot meunier für die Geschmeidi­gkeit und 20 bis 30 Prozent Chardonnay für die Finesse», erklärt Gouez die Zusammense­tzung nach Rebsorten und deren Typizität.

Ein wenig trägt der Champagner trotz des Bemühens um Kontinuitä­t gleichwohl die persönlich­e Handschrif­t des Kellermeis­ters. Er legt nämlich fest, wie viel in Wein gelöster Zucker – die sogenannte Dosage – dem edlen Getränk zum Schluss zugesetzt wird. Benoît Gouez hat sich beim Brut Impérial für 9 Gramm pro Liter entschiede­n und den vorherigen Wert leicht nach unten korrigiert.

 ??  ?? Champagner ist der Inbegriff von Festlichke­it und entwickelt seine typischen Bläschen während des Gärprozess­es in der Flasche.
Champagner ist der Inbegriff von Festlichke­it und entwickelt seine typischen Bläschen während des Gärprozess­es in der Flasche.
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In den Kreidekell­ern von Moët & Chandon herrschen das ganze Jahr über Temperatur­en von rund 12 Grad.
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Napoleons erste Order bei Moët.

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