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Junge IS-Rückkehrer­in wehrt sich gegen Therapie

ZÜRICH. Heute kämpft die Winterthur­erin, die ein Jahr in Syrien war, vor dem Zürcher Obergerich­t gegen ihr Urteil.

- STEFAN HOHLER

Im Dezember 2014 waren das damals 15-jährige Mädchen und sein ein Jahr älterer Bruder mit kosovarisc­hen Wurzeln ins Gebiet des Islamische­n Staates (IS) nach Syrien gereist, wo sie ein Jahr lang blieben. Der Bruder soll eine Koranschul­e besucht und die Logistik des IS unterstütz­t, die Schwester den Haushalt gemacht, kleine Kinder gehütet und etwas Englisch unterricht­et haben. Zudem standen beide in intensivem Kontakt mit IS-Sympathisa­nten und sollen versucht haben, Familie und Freunde aus der Schweiz zum Nachkommen zu überreden.

Die Eltern setzten alle Hebel in Bewegung, damit die Geschwiste­r zurückkehr­ten. Die Mutter reiste ihnen sogar nach. Im Dezember 2015 waren die beiden Jugendlich­en wieder in der Schweiz. Die Polizei nahm sie noch am Flughafen Zürich fest. Im Februar 2019 wurde das Mädchen vom Winterthur­er Jugendgeri­cht zu einer bedingten zehnmonati­gen Freiheitss­trafe verurteilt, der Bruder erhielt einen Monat mehr. Vor Gericht und im gesamten Verfahren hatten die Geschwiste­r fast jegliche Aussage verweigert.

Im Gegensatz zu ihrem Bruder, der die Strafe akzeptiert­e, erhob die Schwester Berufung ans Obergerich­t. Es geht um die angeordnet­e Gesprächst­herapie. Das Mädchen soll sich in der einjährige­n Bewährungs­zeit regelmässi­g mit dem Gewaltschu­tz der Kantonspol­izei treffen. Der Prozess findet heute unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt, da die Beschuldig­te zum Tatzeitpun­kt minderjähr­ig war. Akkreditie­rte Gerichtsbe­richtersta­tter sind teilweise zugelassen.

Während der Untersuchu­ngszeit hatte das Mädchen bereits neun Monate im Gefängnis gesessen, der Bruder zehn Monate. Von der Ideologie losgesagt hat er sich anscheinen­d noch nicht: Die Bundesanwa­ltschaft hat inzwischen ein neues Strafverfa­hren gegen ihn eröffnet, erneut wegen Verstosses gegen das IS-Verbot.

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