Wird Frühlingskollektion vernichtet?
ZÜRICH. Kaum sind die Kleiderläden geöffnet, erscheint schon die neue Kollektion. Was passiert nun mit der Frühlingsmode?
«Unsere Lager sind derzeit besonders voll», sagt Pascal Weber, Sprecher der Modehauskette Chicorée, zu 20 Minuten. Die Frühlingskollektion sei grösstenteils zurückgezogen worden, die Sommerware warte auf die Auslieferung. «Alle Kleiderläden haben übrig gebliebene Ware, weil sie wochenlang schliessen mussten», sagt Textilexperte Peter Frank von der BBE Handelsberatung: «Die Monate März und April sind die wichtigsten im Kleidergeschäft.» Nun stünden die
Händler vor dem Problem, die Frühlingsmode bei höheren Temperaturen zu verkaufen. Gut möglich, dass sie einen grossen Teil der Stücke nicht loswerden. Laut Andrea Weber Marin von der Hochschule Luzern erreicht bei normalem Geschäftsgang etwa ein Drittel der produzierten Kleidung nie den Kunden. Sie rechnet damit, dass dieser Anteil nach der Krise substanziell höher sein wird.
Was geschieht mit den Kleidern? Ein Teil wird weiterverarbeitet oder rezykliert, manches aber auch entsorgt, insbesondere Markenkleider, wie Weber Marin sagt. Auch Oliver Classen, Sprecher der NGO Public Eye, befürchtet, dass Kleider ungenutzt vernichtet werden. «Da Überproduktion genauso wie schneller Kollektionswechsel ein integraler Bestandteil des Fast-Fashion-Geschäftsmodells ist, wird Neuware regelmässig zu Abfall», sagt er.
Die Händler wehren sich. Der Textilriese Inditex, zu dem etwa Zara gehört, dementiert Berichte, dass die Firma ihre Kollektionen verbrenne. Auch H&M-Sprecherin Sileia Urech sagt: «Wir werfen definitiv keine Kleider weg, das widerspricht unserer Geschäftsphilosophie.» Dazu Peter Frank: «Es gibt profitablere Ventile, um übrig gebliebene Ware loszuwerden.» Er erwartet Preisreduktionen oder dass die Kleider später bzw. nächstes Jahr wieder angeboten werden.