20 Minuten - Bern

Wie wirksam wird die Tracing-App des Bundes?

BERN. Wer sich nach einer Warnung durch die ProximityA­pp des Bundes in Quarantäne begibt, hat keinen Anspruch auf Lohn: Experten befürchten, dass die App so nicht wirkt.

- DANIEL WALDMEIER

KONTROVERS Die Idee der Proximity-App ist simpel: Wer etwa im Zug neben einer Person sitzt, die wenig später positiv auf Corona getestet wird, bekommt eine Warnung aufs Handy. Die betroffene Person soll dann für zehn Tage in Selbstquar­antäne.

Jetzt warnen Experten, dass die App, deren Entwicklun­g rund 1,65 Mio. Fr. kosten soll, am Ende gar nichts bringen wird, weil die Warnungen in den Wind geschlagen werden. Der Grund: Bei der Selbstquar­antäne ist eine Lohnfortza­hlung – anders als bei einer Verfügung durch den Kanton – nicht garantiert, denn der Bundesrat setzt im am Mittwoch veröffentl­ichten Gesetzesen­twurf bloss auf eine Empfehlung. Ein Coiffeur oder ein Verkäufer, der nicht im Homeoffice arbeiten kann, verlöre also ein

Drittel des Monatslohn­s. Erst wer positiv auf Covid-19 getestet wird, hat Anspruch auf den Lohn.

Für Matthias Egger, Chef der nationalen Covid-19-Science-Taskforce, ist klar: «Es ist möglich, dass Leute nicht in Selbstquar­antäne gehen, weil der Lohnausfal­l für sie nicht tragbar ist. Das würde die Wirksamkei­t der App reduzieren.» Er fordert, dass der Erwerbsaus­fall auch beim Contact-Tracing per App entschädig­t wird. Auch der an der Entwicklun­g der App beteiligte Epidemiolo­ge Marcel Salathé schreibt auf Twitter, der «altruistis­che Akt» der Selbstquar­antäne müsse durch die Sozialsyst­eme unterstütz­t werden: «Wenn wir hier sparen, sparen wir am komplett falschen Ort.»

FDP-Nationalra­t Andri Silberschm­idt hingegen glaubt an die Wirksamkei­t: «Die App kann das Problem nicht lösen, aber einen Beitrag zur Bewältigun­g der Pandemie leisten.» Das letzte Wort dazu hat im Juni das Parlament.

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KEYSTONE Die Tracing-App soll Personen warnen, die sich nahe bei Infizierte­n aufhielten.

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