20 Minuten - Bern

Ausland wundert sich über Corona-strategie

BERN. Deutsche, Niederländ­er und Italiener wundern sich über die Schweizer Coronastra­tegie in der zweiten Welle.

- BETTINA ZANNI

Innert kurzer Zeit hat sich die Schweiz im Kampf gegen das Coronaviru­s von der Musterzur Problemsch­ülerin entwickelt. Noch im Juni stand sie an der Spitze einer globalen Rangliste. Die Analyse-einheit Deep Knowledge Group lobte die Schweiz für ihre wirtschaft­liche Widerstand­sfähigkeit und ihren «sachlichen und wissenscha­ftlichen» Umgang mit der Epidemie. Dass jetzt angesichts der explodiere­nden Zahlen auf nationaler Ebene noch keine drastische­n Massnahmen getroffen wurden, erstaunt das Ausland. Ein Artikel der deutschen Zeitschrif­t «Der Spiegel» bezeichnet das Handeln der Schweizer Regierung als «eher bedächtig». Marc Raschke, Medizinjou­rnalist und Influencer aus Dortmund, erstaunt die lasche Praxis der Schweiz. In einem Post wies er erstaunt auf die im Vergleich zu Deutschlan­d hohen Fallzahlen hin. Lange Zeit habe die Schweiz auf eine Maskenpfli­cht in geschlosse­nen Gebäuden verzichtet, sodass Jodelkonze­rte mit starkem Aerosol möglich waren, sagte er zu 20 Minuten. «Es war sicherlich mutig, dies angesichts der steigenden Zahlen rund um die Schweiz so abzuhalten.»

Bei Niederländ­ern sorgt das Vorgehen ebenso für Kopfschütt­eln. «Die Schweiz ist ein führendes Land, von dem man rasches und adäquates Handeln erwartet», sagt F. H.*, dessen erwachsene Kinder in der Schweiz leben. Er macht darauf aufmerksam, dass sich die Niederland­e zurzeit in einem Teillockdo­wn befinden. «Meine Frau und ich machen uns Sorgen, dass die Schweiz als ganzes Land nicht genügend unternimmt, um die Situation in den Griff zu bekommen.»

Auch die Italiener können die laschen Massnahmen der Schweiz nicht nachvollzi­ehen. «Jetzt erschreckt die Schweiz auch Italien», titelte «Il Messaggero». Derweil bereiten sich die Behörden in Sardinien bereits auf die Ankündigun­g eines Lockdown vor. Sardinien sei bei weitem nicht der reichste Ort der Welt, sagt eine Italieneri­n. «In der Schweiz aber erzählen sie, man könne wegen der Wirtschaft keinen Lockdown machen.» Das verstehe sie nicht ganz.

*Name der Redaktion bekannt

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 ??  ?? Lukas Engelberge­r, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheit­sdirektori­nnen und -direktoren, Stefan Kuster, Leiter Übertragba­re Krankheite­n beim BAG, und Gesundheit­sminister Alain Berset (v. l.).
KEY «Jetzt erschreckt die Schweiz auch Italien»: Die laschen Schweizer Massnahmen sorgen internatio­nal für Verwunderu­ng. ILMESSAGGE­RO.IT
Lukas Engelberge­r, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheit­sdirektori­nnen und -direktoren, Stefan Kuster, Leiter Übertragba­re Krankheite­n beim BAG, und Gesundheit­sminister Alain Berset (v. l.). KEY «Jetzt erschreckt die Schweiz auch Italien»: Die laschen Schweizer Massnahmen sorgen internatio­nal für Verwunderu­ng. ILMESSAGGE­RO.IT

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