«Konnte mich nicht mehr von meiner Mutter verabschieden»
EGERKINGEN. Das Grab von Tibbi Brachers Mutter war bereits vor dem angekündigten Datum geräumt worden.
Im «Anzeiger Thal Gäu Olten» kündigte die Solothurner Gemeinde Egerkingen im August an, dass im Herbst eine Reihe von Gräbern aufgrund der abgelaufenen Ruhezeit aufgehoben werde. Unter anderem würden ab dem 26. Oktober die Urnengräber aus den Jahren 2000 und 2001 geräumt und für spätere Beisetzungen bereitgemacht. Dieses Datum hatte sich Tibbi Bracher fest eingeprägt, wollte sie doch ein letztes Mal ihre verstorbene Mutter auf dem Friedhof besuchen. Eine Grabräumung sei für sie «wie ein zweites Sterben», sagt Bracher. «Ich hatte mich seit Wochen geistig auf diesen Abschied vorbereitet und mir gut überlegt, was ich ihr sagen würde.» Doch als die Egerkingerin am Sonntag an die letzte Ruhestätte ihrer Mutter herantrat, traf sie fast der Schlag: Stein und Schmuck des Urnengrabs waren weg, die Räumung hatte bereits stattgefunden – und das vor Ablauf der angegebenen Frist. «Ich war fassungslos und konnte einen Moment lang keinen klaren Gedanken mehr fassen», sagt Bracher. Bald darauf mischte sich dem Schrecken Wut bei: «Wofür publiziert die Gemeinde ein Datum, wenn die Gräber dann doch vorher geräumt werden? Das ist pietätlos.»
Wie sich auf Anfrage bei Egerkingens Werkhof-chef Heinz Fischer herausstellte, handelte es sich um ein unglückliches Missverständnis. Für gewöhnlich würden die Gräber nach Ablauf der Ruhefrist Mitte Oktober aufgehoben. Davon sei er auch in diesem Jahr automatisch ausgegangen – und habe sich das Datum in der Gemeindepublikation gar nicht erst angeschaut, sagt Fischer. «Es war ein dummer Fehler von mir, und dafür entschuldige ich mich aufrichtig bei Frau Bracher.»