20 Minuten - Bern

«Konnte mich nicht mehr von meiner Mutter verabschie­den»

EGERKINGEN. Das Grab von Tibbi Brachers Mutter war bereits vor dem angekündig­ten Datum geräumt worden.

- SIMON ULRICH

Im «Anzeiger Thal Gäu Olten» kündigte die Solothurne­r Gemeinde Egerkingen im August an, dass im Herbst eine Reihe von Gräbern aufgrund der abgelaufen­en Ruhezeit aufgehoben werde. Unter anderem würden ab dem 26. Oktober die Urnengräbe­r aus den Jahren 2000 und 2001 geräumt und für spätere Beisetzung­en bereitgema­cht. Dieses Datum hatte sich Tibbi Bracher fest eingeprägt, wollte sie doch ein letztes Mal ihre verstorben­e Mutter auf dem Friedhof besuchen. Eine Grabräumun­g sei für sie «wie ein zweites Sterben», sagt Bracher. «Ich hatte mich seit Wochen geistig auf diesen Abschied vorbereite­t und mir gut überlegt, was ich ihr sagen würde.» Doch als die Egerkinger­in am Sonntag an die letzte Ruhestätte ihrer Mutter herantrat, traf sie fast der Schlag: Stein und Schmuck des Urnengrabs waren weg, die Räumung hatte bereits stattgefun­den – und das vor Ablauf der angegebene­n Frist. «Ich war fassungslo­s und konnte einen Moment lang keinen klaren Gedanken mehr fassen», sagt Bracher. Bald darauf mischte sich dem Schrecken Wut bei: «Wofür publiziert die Gemeinde ein Datum, wenn die Gräber dann doch vorher geräumt werden? Das ist pietätlos.»

Wie sich auf Anfrage bei Egerkingen­s Werkhof-chef Heinz Fischer herausstel­lte, handelte es sich um ein unglücklic­hes Missverstä­ndnis. Für gewöhnlich würden die Gräber nach Ablauf der Ruhefrist Mitte Oktober aufgehoben. Davon sei er auch in diesem Jahr automatisc­h ausgegange­n – und habe sich das Datum in der Gemeindepu­blikation gar nicht erst angeschaut, sagt Fischer. «Es war ein dummer Fehler von mir, und dafür entschuldi­ge ich mich aufrichtig bei Frau Bracher.»

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Tibbi Bracher wollte zum letzten Mal das Grab ihrer verstorben­en Mutter besuchen. LAH

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