20 Minuten - Bern

Kilian starb auf Polizeiwac­he – «Nie kam eine Entschuldi­gung»

BERN. Die Schwester von Kilian S., der 2019 auf einer Polizeiwac­he in Bern starb, hat sich nun erstmals öffentlich dazu geäussert.

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«Ich will nicht auf die Tränendrüs­e drücken und mich als Opfer inszeniere­n», so Laura S. zur «Berner Zeitung». Doch sie möchte das Bild ihres Bruders, das eines Drögelers, über das die Öffentlich­keit verfügt, korrigiere­n. Er hatte auf einer Party Drogen konsumiert. Laura wusste aber, dass er nicht oft Drogen nahm. Das bestätigte auch ein Gerichtsme­diziner. In der medialen Berichters­tattung stand der Drogenkons­um des 20-Jährigen jedoch im Vordergrun­d. Dass «ein junger Mann, in einem offensicht­lich schlechten Gesundheit­szustand, in einer Polizeiste­lle stirbt», rückte aus dem Blickfeld, so Laura S. Sie fragt sich, wie so etwas in der Schweiz passieren kann. «Der Staat hat seine Verantwort­ung nicht wahrgenomm­en und will dies auch weiterhin nicht tun.» Es habe nie von irgendeine­r Stelle eine Entschuldi­gung oder das Eingeständ­nis, dass Fehler passiert seien, gegeben.

Am 25. Dezember 2019 wurde Kilian S. nach einer Party im Tscharnerg­ut am frühen Morgen von einer Polizeipat­rouille auf einen Posten gebracht. Der anwesende Arzt musste entscheide­n: Entweder würde Kilian auf eine Überwachun­gsstation im Inselspita­l gebracht oder auf die Wache, unter der Bedingung, dass alle zwei Stunden jemand nach ihm sehe. Am Morgen des 26. Dezember wurde Kilian tot in der Zelle aufgefunde­n. Das Verfahren – dem Arzt wurde fahrlässig­e Tötung vorgeworfe­n – wurde im Frühling 2020 eingestell­t. Die Familie wehrte sich, doch der Arzt wurde auch von der Beschwerde­kammer des Obergerich­tshofs freigespro­chen: Ein Gutachten zeigte, dass eine Hospitalis­ierung Kilian nur «möglicherw­eise» gerettet hätte. Der Fall ist nun vor dem Bundesgeri­cht.

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TAMEDIA Das Mahnmal für Kilian S. vor der Polizeiwac­he Waisenhaus in Bern, wo er starb.

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