Steinigung und Amputation: Das droht unter den Taliban
Nach der Machtübernahme der Taliban könnte in Afghanistan wieder die Scharia eingeführt werden.
Nach der Machtübernahme in Afghanistan kursieren Videos im Netz, die aktuelle Schariabestrafungen der radikalislamischen Taliban zeigen. Auf den Bildern sind zwei mutmassliche Diebe zu sehen, die durch die Strassen der eroberten Stadt Herat getrieben werden – um ihren Hals hängt ein Strick, ihre Gesichter sind geschwärzt. Für Nahostexperte Erich Gysling ist klar, dass die Taliban nach der Machtübernahme die Scharia wieder einführen werden – und aktuelle Augenzeugenberichte geben ihm recht: Taxifahrer sollen in den eroberten Städten und Dörfern nur komplett verschleierte Frauen transportieren dürfen, schreibt die BBC. Eine junge Frau sei ermordet worden, weil sie die «falschen Kleider» getragen habe. Und lokale Radiosender dürften nur noch religiöse Gesänge spielen.
In einem Interview mit Bild. de erklärte ein Taliban-richter im Juli, wie die Bestrafung nach der Scharia erfolgt: Je nach Schwere der Schuld, beispielsweise bei einem Diebstahl, erfolgt die Abtrennung von Gliedmassen: «Je nach Verbrechen können wir mit Fingerkuppen oder Fingern beginnen. Für schlimmere Taten durchtrennen wir das Handgelenk, den Ellbogen oder den Oberarm. Für die schlimmsten Verbrechen kommt nur Tod durch Steinigung oder Hängen infrage.»
Werden Schwule beim Sex erwischt, gebe es zwei Strafen: «Entweder Steinigung oder er muss hinter einer Mauer stehen, die auf ihn fällt.»
Die Taliban waren bereits 1996 bis 2001 an der Macht und herrschten strikt nach ihrer Auslegung der Scharia: Männer mussten sich Bärte wachsen lassen, Frauen die Burka tragen. Fernsehen, Musik und Kino waren verboten. Mädchen ab zehn Jahren durften nicht zur Schule. Die Taliban-führung bestehe zu einem grossen Teil aus denselben Personen wie damals, berichtet Srf-korrespondent Thomas Gutersohn. «Fakt ist aber auch, dass sich die afghanische Bevölkerung vor allem in den Städten während der letzten 20 Jahre verändert hat», sagt Gutersohn. «Eine Herrschaft wie damals würde heute nicht mehr akzeptiert werden.»