Nachbarländer haben mehr Intensivbetten
ZÜRICH. In der Schweiz werden seit Jahren Spitäler geschlossen und Betten abgebaut.
Weil immer mehr und auch jüngere Covid-patienten auf der Intensivstation behandelt werden müssen, verschieben diverse Spitäler andere Operationen wieder (siehe unten). Sollte sich die Lage weiter verschlechtern, sind auch erneute scharfe Corona-massnahmen nicht ausgeschlossen – diese würden wohl vor allem für Ungeimpfte gelten. Entscheidender Faktor dafür ist die Anzahl der Intensivbetten in den Spitälern – respektive das Personal, das gebraucht wird, um die Betten zu betreiben.
2018 kamen in der Schweiz gemäss der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) auf 100 000 Einwohner 11,8 Intensivplätze. Die 22 Oecd-länder haben im Durchschnitt mit 12 Intensivplätzen auf 100000 Einwohner etwas mehr Intensivbetten als die Schweiz. An der Spitze liegt Deutschland mit 33,9 Plätzen, also fast dreimal mehr als die Schweiz. Auch Österreich (28,9) und Frankreich (16,3) haben mehr Kapazitäten. Als einziges Nachbarland liegt Italien (8,6) hinter der Schweiz.
Bei den Akutbetten – dazu zählen neben den Intensivplätzen auch Betten auf anderen Akutstationen wie der Chirurgie – liegt die Schweiz ungefähr im
Mittelfeld. Die Gesamtzahl der Spitäler und der zur Verfügung stehenden Spitalbetten verringert sich seit Jahrzehnten, wie Zahlen des Spitalverbands H+ zeigen. Gemäss Bundesamt für Statistik wurde seit 2000 jedes sechste Spitalbett in der Schweiz abgebaut.
Erwin Carigiet leitete von 2008 bis 2017 das Zürcher Stadtspital Triemli. Er sieht das Hauptproblem in der Pflege, in den Arbeitsbedingungen und der Knappheit an gut ausgebildetem Personal: «Das ist schon länger bekannt, tritt jetzt in der Krise aber besonders in den Vordergrund», sagt er. Wie gut Spitäler auf Krisen vorbereitet seien, sei eine Kostenfrage und damit letztlich auch eine gesundheitspolitische Frage, wie viel die Versorgungssicherheit kosten dürfe. DANIEL GRAF