Arzt will Impfquote von 90 Prozent
Chefarzt Martin Tramèr warnt vor einer ewigen Pandemie. Svpnationalrat Roland Rino Büchel hält dagegen.
Chefarzt Martin Tramèr vom Unispital Genf hat genug. Wegen Menschen, die nicht gegen das Coronavirus geimpft seien, müsse man das ganze Spital auf den Kopf stellen, sagt er. Und fordert eine Impfquote von 90 Prozent für die Schweiz. Svp-nationalrat Roland Rino Büchel hält dagegen. Israel habe eine hohe Impfrate und trotzdem gingen die Infektionen in die Höhe. Für ihn wäre konsequentes Testen bei der Einreise in die Schweiz der bessere Weg.
Die Intensivstation im Universitätsspital Genf HUG ist ziemlich voll. Bereits wurden zehn zusätzliche Intensivbetten für Coronapatienten bereitgestellt. Dafür werden 50 Pflegende und zehn Ärzte zusätzlich benötigt, die die Kranken rund um die Uhr betreuen. 20 Minuten hat die Station für eine Videoreportage besucht.
«Hier liegen Patientinnen und Patienten zwischen 29 und 60 Jahren.», sagt Martin Tramèr, Chefarzt der Anästhesie. Sie seien sportlich und gesund. Aber ungeimpft – so wie 48 Prozent der Schweizer Bevölkerung. «Wären sie geimpft, müssten wir nicht das ganze Spital auf den Kopf stellen. Wir haben die Nase voll», sagt Tramèr. Er glaubt, dass der Reichtum der Schweiz der
Grund dafür ist, dass sich viele Menschen nicht impfen lassen wollen: «Wir sind ein Volk von wohlstandsverwahrlosten Gofen.», so Tramèr.
«Die Schweiz kann sich Millionen Impfdosen leisten, die effizient und sicher sind. Und trotzdem sagt fast jeder Zweite: ‹Das will ich nicht.› Das geht doch nicht.» Die aktuelle Impfquote sei ungenügend, sagt Tramèr. «Erreichen wir in der Schweiz nicht eine Impfquote von 90 Prozent, dann folgt Welle auf Welle. Die Pandemie wird so nie aufhören.»
Svpnationalrat Roland Rino Büchel hält eine höhere Impfquote nicht für zielführend. «Das Beispiel Israel lässt mich nicht hoffen, dass eine Durchimpfung die viel besungene Lösung ist.» In Israel sind über 60 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft. Die Ansteckungen blieben im Frühling zwar tief, seit einigen Wochen schnellen sie jedoch wieder in die Höhe. Ausserdem solle man aufhören, den Impfdruck über eine Ausweitung der Zertifikatspflicht zu erhöhen, findet Büchel. «Stattdessen sollten wir gezielt Einreisende an den Grenzen testen und bei einem positiven Resultat isolieren.» J. STRAUB/G. BRÖNNIMANN