20 Minuten begleitet Schweizer Hilfskonvoi
MARIUPOL. 144 LKW unter Schweizer Flagge liefern Hilfsgüter in die umkämpften Gebiete der Ostukraine. 20 Minuten ist mitgefahren.
Einige Flugstunden östlich der Schweiz leben Millionen Menschen ihren Alltag im Krieg. Und das in einem Konflikt, der oft als eingefroren bezeichnet wird – obgleich auch Wohngebiete regelmässig unter Beschuss kommen. Seit 2014 bekämpfen sich ukrainische Regierungssoldaten und prorussische Kräfte der «Volksrepubliken» Donezk und Luhansk. International anerkannt sind diese einstigen ukrainischen Gebiete nicht.
Die neutrale Schweiz beliefert seit Jahren beide Seiten der Konfliktlinie mit Hilfsgütern. Auch jetzt sind sechs Mitglieder des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe unterwegs. Sie begleiten bis Mitte September insgesamt 144 LKW in den umkämpften Gebieten.
Es ist eine strapaziöse und nervenaufreibende Mission. Start der ersten 30 Laster ist die ukrainische Stadt Mariupol, Ziel die Stadt Donetsk in der gleichnamigen «Republik». Die rund 115 Kilometer lange Strecke
ist vergleichbar mit Zürich– Bern. Tatsächlich kommt der Konvoi erst Nachts an – von 15 Stunden war er nur drei Stunden in Bewegung. Der Grund sind strenge Kontrollen und hohe bürokratische Anforderungen der beiden Seiten.
Der ukrainische Checkpoint Novotroitske ist der letzte grosse Aussenposten der offiziellen Ukraine. Es gibt Diskussionen um die Papiere eines Fahrers. Er muss mit seinem Laster umkehren. Erst Stunden später geht es in der sogenannten Grauen Zone weiter auf der Autobahn H20. Eine Million Menschen nutzten sie zwischen Mariupol und Donezk einst täglich. Heute parkieren hier Panzer und Schilder warnen vor Minen beidseits der Strasse.
Es folgt der Checkpoint Elenovka, das Tor zur «Republik Donezk». Milizen kontrollieren die Fahrer und ihre Papiere penibel, auch hier gibts Diskussionen. So ist es schliesslich 22 Uhr, als der Konvoi in Donezk eintrifft. 15 Stunden, angefüllt mit Bürokratie, Problemen und Diskussionen – wieso tut man sich das an in einem Konflikt, der sich scheinbar nie lösen lässt? Man müsse im humanitären Bereich des Konflikts beide Seiten anhören und verstehen, meint Raoul, der Sicherheitsberater der Schweizer Mission. «Entscheidend sind die Zivilisten, deren Leben die Lieferungen verbessern. Deswegen machen wir das. Und 15 Stunden Warten für vier Millionen Menschen – das ist dann nicht viel Zeit.»