Verschwörungstheoretiker-treffen – «So läutet die Bewegung ihr Ende ein»
ZUG. Warum sich einige Massnahmenskeptiker jetzt Verschwörungstheorien zuwenden, erklären zwei Experten.
Die selbsternannten Corona-rebellen rufen am Samstag zu einer von der Stadt Zug zugelassenen Veranstaltung auf. Dabei sollen auch «Themen, die man bisher nicht öffentlich ansprechen durfte» zur Sprache kommen, wie die Vereinigung auf ihrer Website schreibt: Chemtrails, 5G, Illuminati, die neue Weltordnung oder «The Great Reset». Dass in der Corona-krise zahlreiche Verschwörungstheorien ausgegraben werden, verwundert Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention an der ZHAW, nicht: «Einige Menschen können mit Zufall, wie die Pandemie einer ist, nicht umgehen und bemühen dann Erklärungen, dass es sich um ein absichtsvolles Handeln einer kleinen mächtigen Elite handelt, die die Pandemie nutzt, um sich zu bereichern.» Kreativ sei das aber nicht: «Sie greifen auf die altbekannten Bilder zurück.»
Warum sich einige Massnahmenskeptiker nun diesen Theorien zuwenden, darüber könne man nur spekulieren, sagt Roland Imhoff, Professor an der
Johannes Gutenberg-universität Mainz: «Viele verschwörungstheoretische Prophezeiungen – dass 90 Prozent der Geimpften sterben werden, dass es kein Virus gibt, dass ‹das Volk› die Macht übernehmen wird – sind so krachend an der Realität gescheitert, dass es vielleicht bequemer ist, sich auf Verschwörungsnarrative zu verlagern, die nicht ganz so offensichtlich im Widerspruch zur Realität stehen, eben weil sie auch vermeintlich im ganz Geheimen operieren.» Dass Teile der Skeptikerszene sich nun Verschwörungstheorien zuwenden, ist für Dirk Baier ein Irrweg. «Es zeigt auf, dass die Bewegung bezüglich der weiteren Strategie ratlos ist. Mit solch einer Fokussierung läutet die Bewegung meiner Meinung nach ihr Ende ein.»