Experten warnen: Dauerüberbelastung in Betrieben riskant
Gemäss Wirtschaftspsychologe Christian Fichter umfassen die Risiken einer anhaltend hohen Arbeitsbelastung unter anderem eine Zunahme von Fehlern, gesundheitliche Probleme, Burn-out und eine höhere Mitarbeiterfluktuation: «Wenn Mitarbeiter dauerhaft überlastet werden, erhöht dies das Risiko, dass auch sie ausfallen, was eine Spirale der Überlastung weiterer Mitarbeiter nach sich ziehen kann.» Als kurzfristige Lösung schlägt Fichter eine realistische Personalplanung, die Förderung von Work-life-balance, eine bewusste Entscheidung, das Leistungsangebot bei Personalknappheit anzupassen sowie die Einführung von Unterstützungsangeboten zur Entlastung der Mitarbeiter vor. «Auf Dauer müssen wir aber den Fachkräftemangel beseitigen. Das ist das Einzige, was langfristig hilft», so Fichter.
Laut Nicola Jacobshagen, Arbeitspsychologin an der Universität Bern, sind die Zeiten, in denen man trotz weniger Personal mehr und schnellere Arbeit verlangen konnte, vorbei. «Die Idee, dass die Mitarbeitenden, die verbleiben, für Personen, die ausfallen, übernehmen müssen, ist nicht nachhaltig.» Wenn sie unter chronischem Stress leiden, führe das langfristig zu Krankheiten, damit verbundenen Absenzen und zu Fehlern, die Unternehmen teuer zu stehen kommen können. Stattdessen bräuchten Arbeitnehmende aktive Phasen der Erholung. Hier sieht Jacobshagen die Firmen in der Pflicht. Wegen fehlender Ressourcen und Marktdruck sei das jedoch anspruchsvoll. «In Produktionsbetrieben können, wenn nötig, Fristen verlängert werden.» In Dienstleistungsbetrieben und vor allem bei Unternehmen, die 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche arbeiten – etwa Spitälern –, sei das hingegen nicht möglich. «Hier müssen die Kultur und die Unternehmensziele angepasst werden.» Die Psychologin empfiehlt: «Zum einen müssen die Unternehmen ihre Führungskräfte im Gesundheitsmanagement schulen. Zum anderen ist es sehr wichtig, dass die Chefs ihre Verantwortung wahrnehmen und selbst bei Krankheit zu Hause bleiben. Wenn sie zur Arbeit erscheinen, fühlt sich das Team in der Pflicht, dies auch zu tun.» Für die Unternehmen sei das jedoch kein Gewinn, sondern könne sehr teuer enden. «Diese Personen können andere anstecken, zögern ihre eigene Genesung heraus und fallen deshalb langfristig viel länger aus.»