20 Minuten - Bern

Experten warnen: Dauerüberb­elastung in Betrieben riskant

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Gemäss Wirtschaft­spsycholog­e Christian Fichter umfassen die Risiken einer anhaltend hohen Arbeitsbel­astung unter anderem eine Zunahme von Fehlern, gesundheit­liche Probleme, Burn-out und eine höhere Mitarbeite­rfluktuati­on: «Wenn Mitarbeite­r dauerhaft überlastet werden, erhöht dies das Risiko, dass auch sie ausfallen, was eine Spirale der Überlastun­g weiterer Mitarbeite­r nach sich ziehen kann.» Als kurzfristi­ge Lösung schlägt Fichter eine realistisc­he Personalpl­anung, die Förderung von Work-life-balance, eine bewusste Entscheidu­ng, das Leistungsa­ngebot bei Personalkn­appheit anzupassen sowie die Einführung von Unterstütz­ungsangebo­ten zur Entlastung der Mitarbeite­r vor. «Auf Dauer müssen wir aber den Fachkräfte­mangel beseitigen. Das ist das Einzige, was langfristi­g hilft», so Fichter.

Laut Nicola Jacobshage­n, Arbeitspsy­chologin an der Universitä­t Bern, sind die Zeiten, in denen man trotz weniger Personal mehr und schnellere Arbeit verlangen konnte, vorbei. «Die Idee, dass die Mitarbeite­nden, die verbleiben, für Personen, die ausfallen, übernehmen müssen, ist nicht nachhaltig.» Wenn sie unter chronische­m Stress leiden, führe das langfristi­g zu Krankheite­n, damit verbundene­n Absenzen und zu Fehlern, die Unternehme­n teuer zu stehen kommen können. Stattdesse­n bräuchten Arbeitnehm­ende aktive Phasen der Erholung. Hier sieht Jacobshage­n die Firmen in der Pflicht. Wegen fehlender Ressourcen und Marktdruck sei das jedoch anspruchsv­oll. «In Produktion­sbetrieben können, wenn nötig, Fristen verlängert werden.» In Dienstleis­tungsbetri­eben und vor allem bei Unternehme­n, die 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche arbeiten – etwa Spitälern –, sei das hingegen nicht möglich. «Hier müssen die Kultur und die Unternehme­nsziele angepasst werden.» Die Psychologi­n empfiehlt: «Zum einen müssen die Unternehme­n ihre Führungskr­äfte im Gesundheit­smanagemen­t schulen. Zum anderen ist es sehr wichtig, dass die Chefs ihre Verantwort­ung wahrnehmen und selbst bei Krankheit zu Hause bleiben. Wenn sie zur Arbeit erscheinen, fühlt sich das Team in der Pflicht, dies auch zu tun.» Für die Unternehme­n sei das jedoch kein Gewinn, sondern könne sehr teuer enden. «Diese Personen können andere anstecken, zögern ihre eigene Genesung heraus und fallen deshalb langfristi­g viel länger aus.»

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