Bürgerliche wollen den Who-vertrag aushebeln
Die Schweiz soll 2024 dem Pandemiepakt der WHO beitreten – Bürgerliche befürchten, dass dem Land so Massnahmen aufgezwungen werden könnten.
Um eine Pandemie weltweit besser zu kontrollieren, arbeitet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) an einem Pandemiepakt, dem die Schweiz wohl nächstes Jahr beitreten wird. Das sorgt im Bundeshaus für Ängste. Der Luzerner Svp-nationalrat Franz Grüter geht in die Offensive und verlangt eine Anpassung des Epidemiengesetzes, damit die Schweiz im Ernstfall unabhängig bleibt. Durch eine Passage in diesem Erlass hätten Empfehlungen der WHO «schon heute gesetzlichen Charakter». In Zukunft werde das noch schlimmer. «Er soll den Staaten vorschreiben, dass die Wirkungen aus diesem Vertrag bindend sind. Der Präsident der WHO kann dann allein eine Pandemie ausrufen, was gigantische Auswirkungen auf Gesellschaften hat», so Grüter.
Selbstverständlich müsse auch die Schweiz eine Pandemie ausrufen und Massnahmen ergreifen können, so der Unternehmer weiter, «aber dazu gibt es in der Schweiz genügend Experten». Grüters Vorstoss wird von der Svp-fraktion, von Fdp-politikern wie Marcel Dobler und Hans-peter Portmann sowie Mitte-politikern wie Thomas Rechsteiner unterstützt.
Auf linker Seite kommt das Anliegen nicht gut an. «Selbstverständlich kann eine Epidemie und schon gar nicht eine Pandemie von einem Kanton oder Land allein bewältigt werden», sagt Sp-nationalrätin Sarah Wyss. Eine intensive Zusammenarbeit mit gemeinsamen Regeln und Abmachungen zum Schutz der Gesundheit sei unumgänglich. Das Schweizer Epidemiengesetz müsse zwar unabhängig von allenfalls international notwendigen Massnahmen funktionieren und dürfe die direkte Demokratie nicht unterwandern. «Die WHO ist das weltweite Gefäss, in dem solche Diskussionen geführt werden sollen – unter Beteiligung der Schweiz.»
Ähnlich sieht es der Virologe Andreas Cerny. Es gehe beim Pakt etwa um den Austausch
von Informationen und Technologien sowie Frühwarnsysteme und die Sicherstellung von Lieferketten. «Während der Corona-epidemie litten wir als Land im Zentrum Europas darunter, dass die Koordination mit den umliegenden Ländern ungenügend war», so Cerny. «Wer glaubt, wir könnten uns einfach abschotten, hat die Lehren der Sars-cov-2-pandemie verschlafen», ist der Direktor des Epatocentro überzeugt.
Noch laufen die Verhandlungen über einen Beitritt der Schweiz, wie Nora Kronig, Vizedirektorin des BAG, kürzlich in der NZZ erklärte.