Türkei startete über Festtage neue Offensive gegen Kurden
Während der Festtage hat die Türkei im Irak und in Syrien in dieser Woche mehr als 70 Ziele angegriffen.
Während der Festtage hat die Türkei ihre Angriffe gegen die Kurden in Nordsyrien intensiviert. Bei Luftangriffen starben am 25. Dezember mindestens acht Zivilisten. Fünf Todesopfer arbeiteten in einer Druckerei in der nordsyrischen Stadt Qamishli nahe der türkischen Grenze. Die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) sprachen von acht Toten und über 25 zerstörten zivilen Einrichtungen.
Seit Tagen fliegt das Natoland auch Angriffe auf Ziele im Norden des Irak. Dies, nachdem am Freitag und Samstag zwölf Soldaten bei Angriffen auf türkische Stützpunkte im Nordirak getötet worden waren. Die Türkei machte dafür militante Kurden verantwortlich: Kämpfer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und die kurdische Miliz YPG, die Ankara als syrischen Pkk-ableger sieht.
Gleichzeitig ist die YPG ein wesentlicher Bestandteil der Us-gestützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die im Krieg gegen die Terrororganisation «Islamischer Staat» (IS) noch immer eine massgebliche Rolle spielen.
Die jüngsten Angriffe der Türkei sind Teil einer neuen
Offensive, die Präsident Recep Tayyip Erdogan mit dem Recht auf Selbstverteidigung legitimiert: Im Oktober hatte sich die PKK zu einem Anschlag auf das Regierungsviertel in Ankara bekannt, bei dem vor dem Innenministerium zwei Polizisten verletzt wurden.
Seither greift die Türkei Nordsyrien fast täglich mit Drohnen, Haubitzen und Kampfjets an. Neben Militärposten der YPG nimmt man gezielt auch die zivile Infrastruktur – Wasser- und Umspannwerke, Ölraffinerien und
Getreidesilos – ins Visier. Angesichts der Kriege in Gaza und in der Ukraine stösst das türkische Vorgehen international kaum auf Kritik.
Es wird vermutet, dass Erdogan mit den Angriffen einen Korridor zwischen dem eigenen Land und dem Gebiet der Kurden errichten will, um dort syrisch-arabische Migranten aus der Türkei anzusiedeln. Gleichzeitig weisen Beobachter auf die Angst der Türkei vor einem funktionierenden kurdischen Autonomiegebiet in Nordsyrien hin, das auch bei türkischen Kurden stärkere Unabhängigkeitsgelüste wecken könnte. Klarer Profiteur des Konflikts ist die Terrororganisation IS, die in der Region wieder erstarkt.
Der deutsche Notfallarzt Michael Wilk sagt zur Lage: «Dass das Nato-land Türkei auf der einen Seite womöglich Millionenbeträge bekommt, um Flüchtlingsströme zurückzuhalten, und auf der anderen Seite massiv dazu beiträgt, dass sich Flüchtlingsströme überhaupt in Bewegung setzen, ist wahnwitzig.»