20 Minuten - Bern

«Gehen Sie!»: Fussgänger­in «reserviert» Parkplatz

Darf ein Mitfahrer aussteigen und einen freigeword­enen Parkplatz blockieren? Wir haben eine Rechtsexpe­rtin gefragt.

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In einer Stadt einen Parkplatz auf öffentlich­em Grund zu finden, ist nicht ganz einfach. Fehlt es an der nötigen Geduld, scheinen einige dafür umso mehr Kreativitä­t zu besitzen. So etwa in Luzern: Die Mitfahreri­n stieg am Mittwoch kurzerhand aus dem Auto aus und ging zu Fuss zu den Parkplätze­n, um darauf zu warten, dass jemand ein Parkfeld freimacht. Kaum fuhr ein Auto weg, stellte sie sich ins leere Feld und rief den Automobili­sten an. Zeitgleich versuchte ein anderer Automobili­st, auf den leeren Platz zu fahren. Doch die Frau blockierte das Feld und wies ihn in schroffem Ton an: «Wir warten schon eine halbe Stunde, also weg, gehen Sie weg.» Nach einem kurzen Disput hatte die Frau den Kampf um den Platz gewonnen.

«Fussgänger dürfen einen öffentlich­en Parkplatz nicht reserviere­n», erklärt Sandra Bachmann, Rechtsanwä­ltin aus Sursee und Dozentin für Straf- und Strafproze­ssrecht an der interkanto­nalen Polizeisch­ule in Hitzkirch. Dasselbe gelte für die Reservieru­ng mit einem Schild oder mit einem Stuhl. Ein solches Verhalten kann laut Bachmann je nach Intensität und Dauer eine Nötigung nach Art. 181 STGB darstellen. Nach dem Motto ‹First come, first served› steht der freie Parkplatz demjenigen zu, der sich ihm mit einem Motorfahrz­eug als Erster nähert.» Fussgänger, die einen öffentlich­en Parkplatz besetzen, könnten mit einer Geldstrafe, allenfalls verbunden mit einer Busse, bestraft werden. Als Autofahrer­in oder -fahrer darf man die Person, die das Feld

besetzt, auffordern, das Parkfeld zu verlassen. «Aber Achtung: Drängelt man den Fussgänger aus dem Weg, macht man sich je nach Intensität ebenfalls wegen Nötigung strafbar», so Bachmann.

«Solche Situatione­n erlebt man immer wieder», sagt Thomas Schmid, Präsident der Fahrschule­n Zentralsch­weiz. Die Toleranzgr­enze sei zuletzt gesunken und darum appelliere er im Unterricht auch an die Vernunft seiner Fahrschüle­rinnen und -schüler. «Im Verkehr können Situatione­n eskalieren und darum gebe ich mit, dass ein Lächeln oder Handzeiche­n Positives bewirken kann.»

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20min/dag/symbolbild Passiert immer wieder: eine Fussgänger­in oder ein Fussgänger stellt sich auf einen freien Parkplatz in einer Stadt.
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Anwaltskan­zlei Bachmann Rechtsanwä­ltin Sandra Bachmann.

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