«Gehen Sie!»: Fussgängerin «reserviert» Parkplatz
Darf ein Mitfahrer aussteigen und einen freigewordenen Parkplatz blockieren? Wir haben eine Rechtsexpertin gefragt.
In einer Stadt einen Parkplatz auf öffentlichem Grund zu finden, ist nicht ganz einfach. Fehlt es an der nötigen Geduld, scheinen einige dafür umso mehr Kreativität zu besitzen. So etwa in Luzern: Die Mitfahrerin stieg am Mittwoch kurzerhand aus dem Auto aus und ging zu Fuss zu den Parkplätzen, um darauf zu warten, dass jemand ein Parkfeld freimacht. Kaum fuhr ein Auto weg, stellte sie sich ins leere Feld und rief den Automobilisten an. Zeitgleich versuchte ein anderer Automobilist, auf den leeren Platz zu fahren. Doch die Frau blockierte das Feld und wies ihn in schroffem Ton an: «Wir warten schon eine halbe Stunde, also weg, gehen Sie weg.» Nach einem kurzen Disput hatte die Frau den Kampf um den Platz gewonnen.
«Fussgänger dürfen einen öffentlichen Parkplatz nicht reservieren», erklärt Sandra Bachmann, Rechtsanwältin aus Sursee und Dozentin für Straf- und Strafprozessrecht an der interkantonalen Polizeischule in Hitzkirch. Dasselbe gelte für die Reservierung mit einem Schild oder mit einem Stuhl. Ein solches Verhalten kann laut Bachmann je nach Intensität und Dauer eine Nötigung nach Art. 181 STGB darstellen. Nach dem Motto ‹First come, first served› steht der freie Parkplatz demjenigen zu, der sich ihm mit einem Motorfahrzeug als Erster nähert.» Fussgänger, die einen öffentlichen Parkplatz besetzen, könnten mit einer Geldstrafe, allenfalls verbunden mit einer Busse, bestraft werden. Als Autofahrerin oder -fahrer darf man die Person, die das Feld
besetzt, auffordern, das Parkfeld zu verlassen. «Aber Achtung: Drängelt man den Fussgänger aus dem Weg, macht man sich je nach Intensität ebenfalls wegen Nötigung strafbar», so Bachmann.
«Solche Situationen erlebt man immer wieder», sagt Thomas Schmid, Präsident der Fahrschulen Zentralschweiz. Die Toleranzgrenze sei zuletzt gesunken und darum appelliere er im Unterricht auch an die Vernunft seiner Fahrschülerinnen und -schüler. «Im Verkehr können Situationen eskalieren und darum gebe ich mit, dass ein Lächeln oder Handzeichen Positives bewirken kann.»