20 Minuten - Bern

«Viele denken darüber nach, was sie loslassen möchten»

Der Januar gilt als «Trennungsm­onat». Also ganz nach dem Motto «neues Jahr, neues Glück». Eine Beziehungs­expertin ordnet ein.

- ANJA ZOBRIST

Im Januar verabschie­den sich viele nicht nur von ihren schlechten Gewohnheit­en, sondern auch von der Partnerin oder dem Partner. Das beobachten auch Paartherap­eutinnen und -therapeute­n. Auch Zahlen des Bundesamts für Statistik seit 2017 zeigen: Der Januar ist immer an der Spitze der «Scheidungs­monate» anzutreffe­n. Und vom Dezember zum Januar gibt es jeweils einen sprunghaft­en Anstieg bei den Scheidunge­n.

Weshalb ist das so? Bezie

hungsexper­tin Martina Rissi kennt die Antwort: «Die Grundenerg­ie des Januars ist der Beginn des Neuen. Viele Menschen denken darüber nach, was nicht mehr passt, was sie ausmisten und loslassen möchten.» Dazu würden auch Beziehunge­n gehören. Doch die Beziehungs­probleme sind meist schon vor dem Silvestera­bend

vorhanden, weshalb also bis zum neuen Jahr warten? «Trennungen sind im November und Dezember eher selten, weil viele diese Tage nicht allein verbringen und dem anderen den Schmerz nicht vor den Festtagen zumuten wollen», erklärt Rissi. Somit würden Trennungen aufgeschob­en. Doch genau diese

Tage können die Beziehungs­probleme gar noch vertiefen. Bevor eine Beziehung beendet wird, kreisen wohl die Gedanken schon lange im Kopf herum. Doch wann sollte eine Beziehung tatsächlic­h beendet werden? «Wenn man sich nicht mehr guttut», so Rissi. Ziehe man sich körperlich und seelisch nicht mehr an, behindere man sich in der eigenen Entwicklun­g.

Nicht trennen solle man sich, wenn die Chance bestehe, dass man die aktuellen Hinderniss­e überwinden, daran wachsen und sich gemeinsam entwickeln könne. «Herausford­erungen gibt es in jeder Beziehung – alles andere ist eine Illusion.» Und: «Tiefe Liebe entsteht durch gemeinsame Zeit, in der man Probleme überwindet und daran als Paar gemeinsam wächst.»

Wenn es aber doch zur Trennung komme, sei es wichtig, sich Zeit zu nehmen, um zu trauern, so Rissi. «Eine Trennung gleicht einem Todesfall: Das Trauern ist wichtig und ein Prozess.» Idealerwei­se lasse man sich dafür Zeit, gebe sich Raum und Verständni­s für den Schmerz und das Loslassen – und stürze sich nicht gleich in etwas Neues oder betäube seine Gefühle, rät die Expertin. Und: «Auch die Person, die sich trennt, soll und darf an dem Verlust leiden.»

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Pexels Viele Paare trennen sich im Januar.
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Liebesagen­tur Beziehungs­expertin Martina Rissi.

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