20 Minuten - Bern

Kein Lob, keine Spiele: So leben Maya-kinder

Die Kindererzi­ehung läuft bei indigenen Völkern meist anders ab, als es bei uns üblich ist.

- SHANICE BÖSIGER/ DANIEL TRÜSSEL

Wenn hierzuland­e ein Neugeboren­es zur Welt kommt, zieht das oft die Aufmerksam­keit der ganzen Bekanntsch­aft auf sich. Die Erziehung ist ein grosses Thema, so stellt ein Kind oft den ganzen Alltag seiner Eltern auf den Kopf. Doch nicht so bei den indigenen Völkern in Mittel- und Südamerika. Dort läuft vieles anders.

Die Us-journalist­in Michaeleen Doucleff hat verschiede­ne indigene Völker auf der ganzen Welt besucht und festgestel­lt: Meist dreht sich gar nichts um die Kinder. Während hier die Erziehung hauptsächl­ich Elternsach­e ist und somit zwei Personen, oft sogar nur eine Person allein, dafür verantwort­lich sind, erzieht in vielen Teilen der Welt die ganze Grossfamil­ie oder gar das ganze Dorf mit. So auch bei den Mayas. Die Mütter lassen ihre Kinder auch im Haushalt mit anpacken, wenn sie noch keine grosse Hilfe sind, wie Doucleff dem «Tages-anzeiger» erzählte. Sie werden aber nicht etwa gezwungen, sondern beteiligen sich freiwillig – denn sie wollen dazugehöre­n.

Mayas loben oder belohnen ihre Kinder nicht. Stattdesse­n lächeln und nicken sie nur. Weit wirksamer als Lob sei es auch, den Beitrag des Kindes einfach zu akzeptiere­n, so wie er sei, sagte Doucleff im Interview mit «Der Standard». «Ich habe bei den Maya beobachtet, wie ein Mädchen seiner Mutter dabei helfen wollte, Tortillas zu formen, und das Ergebnis sah wirklich schrecklic­h aus. Ihre Mutter hat sie trotzdem herausgebr­aten.» Sie habe den Teig manchmal noch etwas zurechtgez­upft, kritisiert­e aber nicht. «Das Kind war glücklich, weil es einen Beitrag geleistet hatte.»

Kinder der Maya spielen zwar, doch nicht mit den Erwachsene­n. So spielen sie selbststän­dig, ohne Input der Eltern oder Spielzeug, das von diesen beschafft wird. Oft ahmen sie die Tätigkeite­n der Grossen nach. Erwachsene Mayas sprechen ausserdem viel weniger mit ihren Kindern, als es in Europa gebräuchli­ch ist. Auch bei den Runa im Amazonasge­biet werden mit kleinen Kindern keine langen Gespräche geführt, wie die NZZ schrieb. Stattdesse­n hörten sie komplexen Gesprächen zwischen Erwachsene­n zu.

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Getty Kinder von Indigenen in Mittelamer­ika stehen weniger im Mittelpunk­t als hierzuland­e.

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