20 Minuten - Bern

«Schweiz ist meine zweite Heimat»: M. will nicht in den Krieg

Die Ukraine ruft ins Ausland geflüchtet­e Männer dazu auf, in den Krieg zu ziehen. Für den 29-jährigen M. in der Schweiz ist das unvorstell­bar.

- MONIKA ABDEL Meseh *Name der Redaktion bekannt

Der Ukraine gehen die Soldaten aus. Das Land sucht im Kampf gegen die russische Invasion händeringe­nd nach mehr Unterstütz­ung. Auch im Ausland lebende Männer sollen in ihrem Heimatland in den Krieg ziehen. Frontsolda­ten unterstütz­en dies (siehe unten). M.* ist vor sieben Monaten aus Kiew in die Schweiz geflüchtet. Kurz später folgte ihm seine 25-jährige Partnerin. Die beiden leben in Bern.

Wie er 20 Minuten sagte, sind sie sehr dankbar für die Möglichkei­t, hier leben zu können, und für die grosse Unterstütz­ung und Empathie, die sie in der Schweiz erfahren haben. Für den 29-jährigen Anwalt komme es daher kaum infrage, jetzt zurückzuke­hren. Sehe er in den Nachrichte­n Bilder, überzeuge ihn das umso mehr. «Es ist hart, die Situation mit anzusehen. Ich erkenne meine Lieblingso­rte nicht einmal mehr und kann mir nicht vorstellen, jetzt dorthin zurückzuke­hren.»

Die Aufforderu­ng des Verteidigu­ngsministe­riums findet er schwierig und kaum umsetzbar. «Man kann die Menschen nicht zwingen, in den Krieg zu ziehen, wenn sie es nicht wollen. Viele sind für den Militärdie­nst nicht gemacht.» Laut M. ist eine Verpflicht­ung der im Ausland lebenden Männer rein aus gesetzlich­er Sicht nicht machbar. Seiner Meinung nach gibt es auch bereits genügend Männer, die sich für den Dienst bereit erklärt hätten. Er sei sich der Verantwort­ung, seinem Land dienen zu müssen, wohl bewusst, doch dafür müsse er nicht Soldat sein, so M. Mit seinem Wissen und seiner Lebenserfa­hrung könne er von hier aus viel mehr helfen.

«Für uns war es eine sehr schwierige Entscheidu­ng, unsere Familien, unser Leben und unsere Heimat zu verlassen. Aber es ging nicht anders.» M. arbeite nun bei einer Organisati­on für Flüchtling­e, seine Freundin in einem Café. Besonders die Arbeit habe ihm und seiner Partnerin dabei geholfen, sich einzuleben. Seine Freizeit verbringe M. gern im Kino, beim Spaziergan­g durch die Stadt oder mit seinen Freunden. «Ich schätze das ruhige Leben sehr und fühle mich sicher und geborgen in der Schweiz. Es ist meine zweite Heimat geworden.»

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20min/matthias Spicher M. und seine Freundin sind aus Kiew geflüchtet.

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