«Wenn dir etwas Schlimmes passiert, sprich darüber»
Linor Abargil wurde als 18-Jährige vergewaltigt. Derzeit ist die Israeli in der Schweiz, um am WEF teilzunehmen. 20 Minuten hat sie für ein Gespräch getroffen.
Linor Abargil ist vieles: ehemaliges Model, Miss-worldGewinnerin, orthodoxe Jüdin, Aktivistin und Vergewaltigungsopfer. Derzeit weilt die 43-Jährige in der Schweiz, wo sie heute am WEF beim Equality Pavilion eine Rede halten wird. Generell ist die Israeli derzeit viel in der Welt unterwegs. Ihre Mission: Aufmerksamkeit generieren für die Frauen, die beim Hamasangriff vom 7. Oktober 2023 vergewaltigt, misshandelt oder getötet wurden.
Wir trafen sie in einer Hotellobby in Zürich – hier erzählte sie uns ihre Geschichte und was sie seit 25 Jahren antreibt. Abargil wurde mit 18 Jahren selbst Opfer von sexualisierter Gewalt. Kurz vor der Miss-world-wahl 1998 wurde sie in Italien vergewaltigt. Abargil tat darauf etwas, was vielen Opfer von sexualisierter Gewalt schwerfällt: «Meine Mutter hat mir beigebracht, dass du dich wehren musst wenn dir etwas Schlimmes passiert. Und dass du niemals die Schuld dafür trägst», sagt sie.
Nur wenige Wochen später wurde Abargil überraschend zur Miss World gewählt. «Ich weiss noch, wie ich auf dieser Bühne stand, die Krone gewann und nichts dabei fühlte.» In jenem Moment sei es für sie klar geworden, dass sie aus einem bestimmten Grund ausgewählt worden sei. Seither spricht sie offen über ihre Geschichte und will anderen Frauen Mut machen.
Seit dem 7. Oktober 2023 hat ihr Kampf gegen sexualisierte Gewalt eine neue Dringlichkeit erreicht – weil die Hamas-terroristen ganz gezielt Frauen sexuell misshandelten und verstümmelten, bevor sie sie töteten. Abargil ist enttäuscht über das Schweigen der internationalen Frauenorganisationen. «Wenn die Weltgemeinschaft diese Taten nicht verurteilt, was bleibt dann noch?», fragt die vierfache Mutter. Abargil wünscht sich, dass sich mehr Frauen wehren. «Man muss seine Meinung sagen, wenn Unrecht geschieht. Ich bin gern ein Vorbild für Frauen, die vielleicht selbst noch nicht die Kraft haben, darüber zu reden, was ihnen widerfahren ist.»