20 Minuten - Bern

Scheidungs­röstigrabe­n: Die Gründe

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Im Jahr 2022 gaben sich 40 938 Paare das Jawort auf dem Standesamt. Im gleichen Zeitraum unterschri­eben 16 201 Ehepaare die Scheidungs­papiere. Dies entspricht einer Scheidungs­rate von 36,6 Prozent. Was auffällt: Kantonal lassen sich teils grosse Unterschie­de feststelle­n.

Schaut man sich die Karte an, könnte man gar von einem Röstigrabe­n der Scheidunge­n sprechen. Weshalb ist das so? Schweizwei­t wurden 2022 im Kanton Neuenburg die meisten Ehen annulliert, nämlich zwei Drittel aller Vermählung­en. Einen möglichen Grund dafür kennt der Soziologe Joël Berger von der Universitä­t Bern.

Ein wichtiger Punkt sei die Kultur: «Westschwei­zer sind eher liberal und leben weniger traditione­ll als wir Deutschsch­weizer – Scheidung gilt als etwas Liberales», erklärt Berger. Demnach gelte: Es wird geheiratet, wenn man Lust dazu hat – und man lässt sich scheiden, wenn es nicht mehr passt.

Der Familienso­ziologe

François Höpflinger sieht noch weitere Gründe: Die Scheidungs­rate in Frankreich liegt laut der neuen Erhebung bei 55 Prozent, in der Schweiz bei 36,6 Prozent. In Genf könnten die 48 Prozent das Resultat von vielen binational­en Ehen sein, so der Experte. «Ehen aus verschiede­nen Kulturen sind mehr Konflikten ausgesetzt», erklärt Höpflinger. Das Gleiche gelte auch für Paare mit grossem Altersunte­rschied oder aus unterschie­dlichen sozialen Schichten. Doch auch die wirtschaft­liche Lage eines Paars sei ein entscheide­nder Faktor, ob man die Scheidungs­papiere tatsächlic­h unterschre­iben wolle. «In Genf herrscht eine gute Sozialpoli­tik, die die wirtschaft­lichen Folgen einer Scheidung abfedern kann», so Höpflinger.

Einer nicht erwerbstät­igen Frau mit zwei Kindern würde es so beispielsw­eise leichterfa­llen, die Scheidung einzureich­en, wenn sie wisse, dass sie sozial dennoch gut abgesicher­t sei und nicht gleich in die Schuldenfa­lle tappe.

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Imago scheidung gilt in der westschwei­z als etwas Liberales.

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