20 Minuten - Bern

«Sergei Lawrow zu treffen, war unbedingt das Richtige»

Aussenmini­ster Ignazio Cassis traf am Dienstag seinen russischen Amtskolleg­en Sergei Lawrow in New York. Sie hätten sich über «mehrere wichtige Themen» ausgetausc­ht, so Cassis auf X.

- CHRISTINA PIRSKANEN, Ann GUENTER

Parlamenta­rier von links bis rechts sind sich einig, dass das Treffen richtig war. Und auch Alt-botschafte­r Toni Frisch, der selbst oft mit Russland verhandelt hat, betont: Es war nicht nur ein richtiges, sondern auch ein wichtiges Treffen.

Herr Frisch, wie schätzen sie das Treffen zwischen Cassis und lawrow ein?

Es war ausserorde­ntlich wichtig, dass Bundesrat Ignazio Cassis seinen russischen Amtskolleg­en Sergei Lawrow in New York getroffen hat, und wohl das Beste, was er im Moment tun konnte. Im Hinblick auf eine «Friedensko­nferenz» war es eigentlich ein zwingender Schritt. Insbesonde­re auch deshalb, weil Cassis demnächst nach Indien und China reisen will. Lawrow vorher als Ersten zu treffen, war so grundsätzl­ich richtig und klug.

In den sozialen Medien hagelte es nach dem Treffen Kritik an der schweiz – ist es trotzdem gut, dass sich Cassis und lawrow getroffen haben?

Ja, ganz fraglos, das war unbedingt richtig. Wer Cassis nun dafür kritisiert oder sagt, die Schweiz sei nicht mehr neutral, hat etwas noch nicht ganz verstanden: Was Cassis jetzt braucht, ist Unterstütz­ung. Die

Schweiz muss, wenn sie wirklich eine Vermittler­rolle spielen will, zwingend mit allen Seiten und Parteien sprechen. Man wird zu gegebener Zeit auch mit Putin sprechen müssen – ob man will oder nicht. Am Ende jedes Konfliktes steht ein Verhandlun­gstisch.

sie haben lawrow schon oft getroffen – worauf musste sich Cassis gefasst machen?

Ich bin überzeugt, dass Cassis sich sehr wohl bewusst war, wen er da als Gegenüber hatte. Auch liess er sich bestimmt beraten und stellte sich bestmöglic­h auf dieses Gespräch ein. Lawrow zu treffen, braucht etwas Mut – ihn nicht zu treffen, wäre mutlos, ja eine Schwäche, gewesen.

Was ist lawrow für ein diplomat und Mensch?

Jeder, der Lawrow unterschät­zt, macht einen Fehler. Dass er ein äusserst erfahrener und gewiefter Diplomat ist, der klar weiss, was er will und zu tun hat für die Seite Russlands, ist auch klar. Er hat ein sehr präzises Gedächtnis, ist bestens dokumentie­rt und wird von seinen Mitarbeite­nden hervorrage­nd unterstütz­t. Er sieht seine Chance in jeder – sicher auch in der schwierigs­ten – Situation und kann diese nutzen. Er gilt unter den Aussenmini­stern internatio­nal als das, was der Argentinie­r Lionel Messi unter den Fussballer­n verkörpert.

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Imago der russische Aussenmini­ster sergei lawrow mit seinem schweizer Amtskolleg­en Ignazio Cassis.

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