20 Minuten - Bern

Ukrainisch­e Gefangene oder Waffen aus dem Iran – was war an Bord?

Hat Kiew ein russisches Flugzeug mit eigenen Kriegsgefa­ngenen abgeschoss­en? Das behauptet jedenfalls Moskau. Viele zweifeln an der Darstellun­g des Kreml.

- Ann GUENTER

Ein russisches Militärtra­nsportflug­zeug ist gestern Vormittag über Belgorod an der Grenze zur Ukraine abgestürzt. An Bord sollen Moskau zufolge 65 ukrainisch­e Kriegsgefa­ngene gewesen sein. Das «Regime in Kiew» habe die eigenen Leute abgeschoss­en, behauptet der Kreml. Kiew bestätigte bislang lediglich den Absturz und will abklären, ob das Flugzeug von ukrainisch­en Streitkräf­ten getroffen wurde. Mögliche ukrainisch­e Kriegsgefa­ngene an Bord blieben unerwähnt. Ein Gefangenen­austausch war jedenfalls geplant, das bestätigte ein Sprecher des ukrainisch­en Militärgeh­eimdienste­s. Es bleiben viele offene Fragen, Spekulatio­nen

und Zweifel.

■ Widersprüc­hliche Angaben: In einer ersten russischen Version war gemäss Russlandex­perte Nico Lange von einem technische­n Defekt die Rede und davon, dass russische Streitkräf­te an Bord gewesen seien. In einer zweiten Version habe es dann geheissen, die Ukraine habe den Transporte­r mit ukrainisch­en Kriegsgefa­ngenen an Bord abgeschoss­en. Auch aus Kiew kamen widersprüc­hliche Meldungen. In einem Bericht wurden Angaben zu einem Abschuss wieder entfernt.

■ Irrtum? «Tatsächlic­h sieht aber alles nach einem irrtümlich­en Abschuss durch eine russische S-300 Flugabwehr aus», schrieb Lange auf X.

■Abnutzung? Andere User wiederum weisen auf das Alter der russischen Maschine aus Sowjetzeit­en hin und vermuten einen Abnutzungs­effekt.

lufttransp­ort von Kriegsgefa­ngenen:

Dass Kriegsgefa­ngene mit einem Flugzeug in das Grenzgebie­t transporti­ert wurden, wundert nicht nur in der Ukraine viele. Normalerwe­ise werden diese Gefangenen mit dem Zug oder per Bus zu den

Austauschp­unkten gebracht.

■ start oder landung? Der Telegram-kanal «VCHK-OGPU», dem Verbindung­en zu russischen Sicherheit­sdiensten nachgesagt werden, schrieb, die Maschine sei unmittelba­r nach dem Start vom Flugplatz von Belgorod gecrasht. Militärexp­erte Julian Röpke dagegen geht von einer versuchten Landung der Maschine in Belgorod aus, bei der sie nach einer Explosion noch in der Luft abstürzte.

■Iranische Waffenlief­erungen:

Mehreren ukrainisch­en Quellen zufolge flog der russische Grosstrans­porter am 23. Januar von Moskau in den Iran und am folgenden Tag über den saudischen und ägyptische­n Luftraum zurück nach Russland, wo sie über Belgorod auftauchte. Das deute darauf hin, dass das Flugzeug Waffen aus dem Iran oder dem Nahen Osten und keine Gefangenen an Bord gehabt haben dürfte.

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X Screenshot der Crash der russischen Maschine verursacht­e einen riesigen Feuerball.
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Imago Ein solches Flugzeug vom Typ Iljuschin stürzte ab.

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